Saarbruecker Zeitung

Thyssen-Krupp-Arbeiter machen ihrem Ärger Luft

Im Ruhrgebiet kennen sie sich mit Demonstrat­ionen gegen „die da oben“aus. Das haben rund 7000 Thyssenkru­pp-Mitarbeite­r gestern bewiesen.

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BOCHUM (dpa) Vor 30 Jahren hatten Stahlkoche­r über Monate hinweg erbittert gegen die Schließung des Krupp-Stahlwerks in dem Duisburger Stadtteil Rheinhause­n demonstrie­rt. Auch jetzt fallen wieder Schlagwort­e wie „Massen-Entlassung­en“und „Standort-Schließung“. Knapp 7000 Menschen sind gestern zu einer Kundgebung gekommen und in Richtung Bochumer Innenstadt marschiert. Sie fürchten, dass der geplante Zusammensc­hluss der Thyssen-Krupp-Stahlspart­e mit der indischen Tata alleine in Deutschlan­d 2000 Arbeitsplä­tze kosten wird.

„Die Fusion wird kommen“, ist sich Bernd Langer, ein gelernter Hüttenfach­arbeiter, sicher. Seit 1977 ist er „im Betrieb“. Entlassung­en und Umstruktur­ierungen kennt er. Mit Unsicherhe­iten zu leben, ist für ihn und viele Kollegen seit Jahren Arbeitsall­tag.

Langer ist 57 Jahre alt, ihn persönlich

Andrea Nahles ängstigt die Stahl-Fusion nicht. Er arbeitet inzwischen als Verfahrens­mechaniker und geht nach eigenen Angaben mit mehr als 2500 Euro netto nach Hause. „Damit kann ich gut leben“, sagt er. Aber um die jungen Kollegen sorgt er sich, die noch ein ganzes Arbeitsleb­en vor sich hätten. „Wir sind doch die untere Mittelschi­cht. Wenn unsere Stellen abgebaut werden, wer zahlt dann noch Steuern?“, fragt Langer.

Knappe zwei Kilometer laufen die Demonstran­ten vom Werk zum Kundgebung­sort. Fast alle in Werksanzüg­en, mit Helmen und Arbeitssch­uhen. Die IG Metall verteilt Buttons, Mützen, Plakate. Sie fordert Mitbestimm­ung und Arbeitspla­tz-Garantien.

Die meisten Demonstran­ten sind aus Solidaritä­t dabei, nicht weil ihre eigenen Arbeitsplä­tze in Gefahr sind. Peter Römmele arbeitet als Elektriker in einem Duisburger Werk. „Die Situation ist ernst. Aber wir kennen das“, sagt er während er sein Plakat durch Bochum trägt. „Wir haben noch einiges mit dem Konzern zu klären.“

Auch Mitarbeite­r des Thyssen-Standorts Andernach waren zur Demonstrat­ion nach Bochum gekommen. „Wir wollen mit acht Bussen hinfahren, das wären ungefähr 400 Arbeitnehm­er“, hatte Betriebsra­t Marc Winter am Donnerstag gesagt. Wegen des Fünf-Schichten-Systems beim Andernache­r Weißblechh­erstellers Rasselstei­n konnten nicht alle 2400 Mitarbeite­r bei dem Protestzug dabei sein.

Die Chance, mit „denen da oben“abzurechne­n, nutzten viele. Andrea Nahles (SPD), Bundesmini­sterin für Arbeit und Soziales, steht bei der Kundgebung heiser am Mikrofon und schreit ihre Forderunge­n heftig gestikulie­rend heraus. Es ist auch Wahlkampf. „Wir sind zum Kämpfen gekommen“, sagt die SPD-Politikeri­n und verspricht: „Mit mir könnt ihr rechnen.“Die Demonstran­ten werden während ihrer kurzen Rede deutlich lauter. „Wenn die glauben, die kommen damit durch, sagen wir nein“, so beendet die Arbeitsmin­isterin ihre Rede bei der Kundgebung. Das sind Sätze, die in Bochum gut ankommen.

„Wir sind zum Kämpfen

gekommen.“

bei der Kundgebung

 ?? FOTO: MARCEL KUSCH/DPA ?? Ein Mitarbeite­r von Thyssen-Krupp bei der Demo in Bochum. Viele Stahlarbei­ter sind gegen die Fusion mit Tata auf die Straße gegangen.
FOTO: MARCEL KUSCH/DPA Ein Mitarbeite­r von Thyssen-Krupp bei der Demo in Bochum. Viele Stahlarbei­ter sind gegen die Fusion mit Tata auf die Straße gegangen.

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