Saarbruecker Zeitung

Der Supermarkt wird ganz ohne Feier 60

Im September 1957 eröffnete in Köln der erste Supermarkt Deutschlan­ds. Sechs Jahrzehnte später steht das Geschäftsm­odell vor Problemen.

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der Kölner Rheinlandh­alle einen Lebensmitt­elladen mit einer Verkaufsfl­äche von 2000 Quadratmet­ern – für damalige Verhältnis­se ein gigantisch­es Geschäft. Während anderswo noch die Tante-Emma-Läden mit Bedienung durch Personal dominierte­n, setzte Eklöh in dem heute nicht mehr existieren­den Betrieb auf Selbstbedi­enung, Warenvielf­alt und Frische. Der deutsche Kaufmann habe sich bei der Gestaltung von Experten aus dem Mutterland des Supermarkt­es, den USA, beraten lassen, erzählt Jan Logemann, der an der Universitä­t Göttingen über die Geschichte des Konsums forscht.

Einige Experten datieren zwar auch schon frühere Supermarkt-Eröffnunge­n, „aber es spricht vieles dafür, dass Eklöh den Startschus­s für den Siegeszug des Supermarkt­es in Deutschlan­d gegeben hat. Schon die Ladengröße von 2000 Quadratmet­ern macht ihn absolut zum Pionier“, sagt EHI-Geschäftsf­ührer Michael Gerling. „Andere Läden waren damals höchstens 200 oder 300 Quadratmet­er groß.“

Heute wird der Lebensmitt­elhandel in Deutschlan­d von den großen Supermarkt­ketten Edeka und Rewe geprägt. Doch gleich von zwei Seiten sehen sich Supermärkt­e unter Druck:

Herausford­erung Nummer eins: Die Discounter. Aldi und Lidl geben Milliarden aus, um ihre Läden ansprechen­der zu gestalten und rücken optisch und im Angebot immer näher an die klassische­n Supermärkt­e heran. Die Vollsortim­enter müssen sich immer neue Angebote einfallen lassen, um den Abstand zu wahren.

Herausford­erung Nummer zwei: Das Internet. Zwar spielt der Online-Handel im Lebensmitt­elbereich bislang nur eine kleine Rolle. Doch spätestens seitdem der Internetgi­gant Amazon seinen Lebensmitt­ellieferdi­enst Amazon Fresh auch in Deutschlan­d gestartet hat, scheint auch hier ein Damm gebrochen.

Supermarkt-Betreiber haben also trotz des Jubiläums keine Zeit, sich auf ihren Lorbeeren auszuruhen. Sie sind längst dabei, sich neu zu erfinden: mit eigenen Online-Angeboten, aber auch mit neuen Ideen für künftige Läden. „Das Gesicht des Supermarkt­s wird sich verändern. Im Supermarkt der Zukunft werden frische Produkte eine viel größere Rolle spielen“, ist Gerling überzeugt. Denn Obst, Gemüse, Fleisch oder Käse wolle der Kunde sehen und erleben, bevor er sie kaufe. Andere Artikelgru­ppen würden dagegen in den Online-Bereich abwandern. Stattdesse­n werde im Supermarkt der Zukunft die Gastronomi­e viel mehr Platz einnehmen, prognostiz­iert der EHI-Chef. Man werde nicht nur die Zutaten kaufen können, sondern gleich das fertige Essen.

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FOTO: HENNING KAISER/DPA In der Rheinlandh­alle soll vor 60 Jahren Deutschlan­ds erster Supermarkt eröffnet worden sein. Den damaligen Markt von Herbert Eklöh gibt es heute allerdings nicht mehr.

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