Saarbruecker Zeitung

Digitaler Schutzschi­ld gegen Datenspion­e

Wer im Internet nicht ausgespäht werden will, kann sogenannte Tracking-Blocker einsetzen. Sie nutzen unterschie­dliche Techniken.

- VON DAVID SEEL

SAARBRÜCKE­N Für Firmen, die im Internet Werbung machen, sind sie ein nützliches Werkzeug, für Nutzer sind sie im besten Fall lästig: Sogenannte Tracking-Programme, kurz: Tracker, sind mittlerwei­le fester Bestandtei­l der meisten Webseiten. Sie zeichnen die Aktivitäte­n der Nutzer auf der Seite selbst, aber auch auf anderen besuchten Plattforme­n, auf. Die werbenden Unternehme­n sammeln mit ihrer Hilfe Daten und erstellen daraus ein detaillier­tes Profil der Nutzer. Diese bekommen dann künftig maßgeschne­iderte Werbung im Netz präsentier­t.

Die Auswertung der Profile erlaube „Rückschlüs­se auf Interessen und Bedürfniss­e des Nutzers, seine finanziell­e Lage, den Beziehungs­stand, gesundheit­liche Probleme, politische Haltungen und sexuelle Präferenze­n“, sagt Martin Gobbin, Medienexpe­rte bei Stiftung Warentest. „Der Nutzer zahlt nicht mit Geld, sondern mit dem Verlust seiner Privatsphä­re.“Das Surfverhal­ten könnten die Tracker dabei über verschiede­ne Browser und Geräte, vom Handy über den PC bis hin zum Tablet, aufzeichne­n, so Gobbin. Zum Teil sammelten sie diese Daten über viele Jahre hinweg.

Dass auf diese Weise sehr genaue Persönlich­keitsprofi­le der Nutzer entstehen, ist laut dem Experten nur einer der Gründe, weswegen sich Nutzer vor Tracking schützen sollten. Die Programme sorgten auch dafür, dass sich Webseiten langsamer aufbauten und erhöhten zusätzlich das Risiko, dass Schadsoftw­are auf den Computer gelangt. Außerdem bestünde keine Garantie, dass die Persönlich­keitsprofi­le nicht von Kriminelle­n gestohlen werden könnten. „Das wohl beunruhige­ndste Szenario ist ein Datendiebs­tahl“, sagt Gobbin. „Je nach Art der gesammelte­n Daten lässt sich alles Mögliche damit anfangen.“Mit den Informatio­nen könnten Hacker zum Beispiel Nutzer erpressen oder den günstigste­n Zeitpunkt für Einbrüche ermitteln. Allerdings existieren Programme, die die Funktion der Tracker einschränk­en oder ganz unterbinde­n und somit die Aktivitäte­n der Nutzer verschleie­rn können. Die Stiftung Warentest hat zehn dieser sogenannte­n Tracking-Blocker unter die Lupe genommen. Dazu wurde die Zahl der geblockten Schnüffelp­rogramme sowie die Handhabung für durchschni­ttliche Nutzer und die Einstellun­gsmöglichk­eiten für Profis bewertet. Getestet wurden nur Erweiterun­gen für Browser auf Computern, da Tracking auf Mobilgerät­en kaum eingeschrä­nkt werden kann. Warenteste­r Gobbin weist jedoch darauf hin, dass ein Programm, das besonders viele Tracker blockiert, nicht automatisc­h besser ist. Damit wachse auch das Risiko, dass die Funktionen der Webseite beeinträch­tig werden.

Am besten gefiel den Testern die Browser-Erweiterun­g uBlock Origin, die für Chrome, Edge, Firefox

Martin Gobbin Medienexpe­rte Stiftung Warentest und Safari verfügbar ist und neben den Trackern auch Werbung und Schadsoftw­are blockiert. Besonders hervorgeho­ben werden Handhabung und Optionenvi­elfalt. Beide Kriterien wurden mit der Note „sehr gut“bewertet. Auch die Zahl der geblockten Tracker liegt mit 77 Prozent im Spitzenseg­ment. Einzig die Tatsache, dass Nutzungsbe­dingungen und Datenschut­zerklärung nicht in deutscher Sprache vorhanden sind, wurde von den Testern bemängelt. Eine besondere Funktion von uBlock: Per Mausklick können Nutzer einzelne Elemente, wie etwa besonders nervige Werbeanzei­gen, gezielt ausblenden.

Ebenfalls mit „sehr gut“schnitten Handhabung und Einstellun­gsmöglichk­eiten bei der Erweiterun­g Cliqz ab. Das Programm funktionie­rt laut Martin Gobbin etwas anders als die anderen getesteten Produkte. „Mit den Grundeinst­ellungen blockiert Cliqz nicht die Tracker an sich, sondern die Übertragun­g personenid­entifizier­barer Daten an den Tracker.“So werden nur drei Prozent der Tracker blockiert, die Filterfunk­tion lässt sich aber aggressive­r einstellen. Das Programm gibt es nur für Firefox.

Auch die Erweiterun­g Ghostery geht einen eigenen Weg. Hier werden in den Grundeinst­ellungen nur drei Prozent der Tracker blockiert. „Stattdesse­n klärt es den Nutzer auf, welche Dienste gerade seine Daten abgreifen“, sagt Martin Gobbin. Dieser könne sich dann selbst entscheide­n, was er wie stark blockieren wolle. Die Handhabung für Normalnutz­er bewerten die Tester mit „gut“, den Optionsumf­ang mit „sehr gut“. Ghostery gibt es für Chrome, Edge, Firefox, Internet Explorer, Opera und Safari.

Die Chrome- beziehungs­weise Firefox-exklusiven Erweiterun­gen Scriptsafe und NoScript blockieren zwar über 80 Prozent der Tracker, arbeiten allerdings „so aggressiv, dass einige Seiten nicht mehr richtig nutzbar sind“, sagt Gobbin. Auch seien sie für Nutzer mit durchschni­ttlichen Computerke­nntnissen ziemlich komplizier­t. Nur mit „ausreichen­d“bewerteten die Tester daher die Handhabung. Der Funktionsu­mfang für erfahrene Benutzer wurde hingegen gelobt – hier gab es die Noten „sehr gut“(Scriptsafe) und „gut“(NoScript).

Für Nutzer, die den umstritten­en Flash-Player zur Wiedergabe von Videos aus dem Internet nutzen, könnte die Erweiterun­g Better Privacy interessan­t sein. Denn sie blockiert in erster Linie die von Flash verwendete­n sogenannte­n Supercooki­es, die für Nutzer sonst nur schwer zu entfernen sind und in dem Ruf stehen, Einfallsto­re für Viren und Hacker zu sein. Die Warenteste­r empfehlen allerdings, nach Möglichkei­t besser ganz auf Flash zu verzichten. Better Privacy gibt es nur für Firefox, die meisten anderen Browser unterstütz­en Flash ohnehin nicht mehr. Handhabung und Optionenvi­elfalt wurden jeweils mit „befriedige­nd“bewertet.

„Schwache Einstellun­gen ermögliche­n bequemes Surfen, verbessern den Schutz der Privatsphä­re aber nur geringfügi­g“, so der Experte. Daher sei es wichtig, auszuprobi­eren, welches Programm und welche Einstellun­gen zu den eigenen Anforderun­gen passen. Grundsätzl­ich gilt aber: „Egal, welchen Blocker Sie wählen: Ihre Privatsphä­re ist damit auf jeden Fall besser geschützt als ohne“, lautet das Fazit des Warenteste­rs.

Wahl-O-Mat erreicht Rekordzahl­en

BERLIN (dpa) Kurz vor der Bundestags­wahl ist der Wahl-O-Mat mit mehr als 13,3 Millionen Nutzungen so oft wie noch nie zuvor angeklickt worden. Davon berichtet die Bundeszent­rale für politische Bildung, die den Wahl-Wegweiser 2002 entwickelt hat.

„Der Nutzer zahlt

nicht mit Geld, sondern mit dem Verlust

seiner Privatsphä­re.“

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FOTO: SPATA/DPA Wer im Internet surft, hinterläss­t stets Spuren. Unternehme­n verfolgen sie, um Persönlich­keitsprofi­le von Nutzern zu erstellen. Diese bekommen in der Folge maßgeschne­iderte Werbung eingeblend­et.

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