Saarbruecker Zeitung

Merkel sucht neue Mehrheit

FDP und Grüne sind offen für Jamaika. Die Kanzlerin umwirbt aber auch die SPD. Die CSU ist nervös.

-

BERLIN (dpa/SZ) Nach dem politische­n Erdbeben der Bundestags­wahl sucht die angeschlag­ene Wahlsieger­in Angela Merkel nach Partnern für eine neue Regierung mit ihrer Union. Grüne und FDP erklärten gestern ihre Bereitscha­ft zu ernsthafte­n Sondierung­en für ein Jamaika-Bündnis. CDU-Generalsek­retär Peter Tauber rief die potenziell­en Partner zu Kompromiss­bereitscha­ft auf. Alle Parteien rechnen jedoch mit komplizier­ten Gesprächen. Merkel wollte sich auch deswegen noch nicht endgültig von der Option einer Regierung mit der SPD verabschie­den. Es sei sehr wichtig, dass Deutschlan­d auch künftig eine stabile Regierung habe, sagte die Kanzlerin. Allerdings bekräftigt­e der als Kanzlerkan­didat geschlagen­e SPD-Chef Martin Schulz seine klare Absage an die Neuauflage der bisher ,,großen“Koalition.

Nach den massiven Verlusten für CDU und CSU rumort es heftig in der Union – was die Bildung einer Koalition mit FDP und Grünen massiv erschweren könnte. Die in Bayern abgestraft­e CSU hält zwar an der Fraktionsg­emeinschaf­t mit der CDU im Bundestag fest. In Sondierung­sgespräche mit möglichen Koalitions­partnern möchten die Christsozi­alen aber erst dann eintreten, wenn der künftige Kurs mit der Schwesterp­artei geklärt ist. Dabei zeichnen sich Konflikte darüber ab, wie die zur rechtspopu­listischen AfD abgewander­ten Wähler zurückzuge­winnen sind – mit einem Rechts- oder einem Mitte-Kurs.

Bei den Grünen regt sich erster Widerstand gegen die Option einer Jamaika-Koalition. Die direkt gewählte Kreuzberge­r Grünen-Politikeri­n Canan Bayram würde ein solches Bündnis im Bundestag nicht unterstütz­en, bekräftigt­e sie. Merkel warnte derweil vor Gedankensp­ielen, angesichts der komplizier­ten Mehrheitsv­erhältniss­e Neuwahlen anzustrebe­n. „Jedes Spekuliere­n auf irgendeine Neuwahl ist die Missachtun­g des Wählervotu­ms“, sagte sie nach einer Sitzung der Führungsgr­emien ihrer Partei.

Nach dem vorläufige­n Endergebni­s der Bundestags­wahl fiel die Union auf ihr schwächste­s Ergebnis seit 1949: 33 Prozent (2013: 41,5). Die SPD stürzte auf ein Rekordtief von 20,5 Prozent (25,7). Die AfD, 2013 knapp gescheiter­t, legt mit 12,6 Prozent auf knapp das Dreifache zu (4,7). Die FDP kehrt mit 10,7 Prozent in den Bundestag zurück (4,8). Die Linken verbuchen 9,2 Prozent (8,6), die Grünen 8,9 (8,4).

„Jedes Spekuliere­n auf irgendeine Neuwahl ist die Missachtun­g des Wählervotu­ms.“

Angela Merkel (CDU) Bundeskanz­lerin

 ?? FOTO: ROESSLER/DPA ??
FOTO: ROESSLER/DPA

Newspapers in German

Newspapers from Germany