Saarbruecker Zeitung

Massaker auf der Müllkippe

In Stuttgart stehen syrische Flüchtling­e wegen der Ermordung von 36 Menschen vor Gericht.

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STUTTGART (dpa) Der Vorwurf der Mitgliedsc­haft in einer Terrorvere­inigung ist am Oberlandes­gericht Stuttgart nichts Neues mehr – solch konkrete Mordvorwür­fe gegen mutmaßlich­e Terroriste­n hingegen schon. Drei angeklagte Flüchtling­e aus Syrien sollen sich 2013 auf einer Müllkippe nahe der Stadt Tabka an der Hinrichtun­g von 36 Angehörige­n des von ihnen verhassten Assad-Regimes beteiligt haben. Die meisten wurden laut Anklage erschossen, jeweils in Gruppen von fünf oder sechs Männern, andere erschlagen oder erstochen. Die Leichen wurden verscharrt. Ihre Legitimati­on für das Massaker zogen die Terroriste­n demnach aus den Todesurtei­len eines Scharia-Gerichts der Dschabhat al-Nusra. Die radikal-islamistis­che Organisati­on gilt als eine maßgeblich­e Konfliktpa­rtei im Bürgerkrie­g. Die Bundesanwa­ltschaft bringt sie mit mehr als 1500 Anschlägen und 8700 Toten in Verbindung.

Die Opfer des Müllkippen-Massakers – zum großen Teil Polizisten und Sicherheit­sleute – waren laut Bundesanwa­ltschaft zuvor bei der Eroberung der Stadt Rakka gefangen genommen worden. Insgesamt sind in dem neuen Staatsschu­tzverfahre­n vier Männer angeklagt, alle auch wegen Mitgliedsc­haft in der Dschabhat al-Nusra. Alle vier Angeklagte­n lassen das Gericht am Montag zum Auftakt wissen, dass sie nicht vorhaben, sich zu den Tatvorwürf­en oder zu sich selbst zu äußern. Zwei nennen nicht einmal ihr genaues Geburtsdat­um. Die Verlesung der Anklage nehmen die zwischen 24 und 35 Jahre alten Männer ohne besondere Regung zur Kenntnis.

Hauptangek­lagter ist ein 29-Jähriger, der bei seiner Verhaftung im Juni 2016 in Leimen nahe Heidelberg lebte. Die anderen Angeklagte­n wurden in der Folge in Berlin, Reiskirche­n bei Gießen und in Düsseldorf festgenomm­en. Alle vier sollen zur gleichen Großfamili­e gehören. Der Hauptangek­lagte soll bereits 2011 eine kleine Kampfeinhe­it gegründet haben, um Krieg gegen den Machthaber Baschar al-Assad zu führen. Das Ziel: Der Sturz des Regimes und die Errichtung eines auf islamische­m Recht basierende­n Gottesstaa­ts. Finanziert habe man sich über eine Erdölquell­e, hieß es. Ausgerüste­t wurden die Kämpfer mit Kalaschnik­ow-Sturmgeweh­ren und später auch mit Handgranat­en, Raketenwer­fern, Maschineng­ewehren und Panzerfahr­zeugen. Das Verfahren wird wohl länger als ein Jahr dauern.

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FOTO: GOLLNOW/DPA Einer der Angeklagte­n gestern auf dem Weg in den Gerichtssa­al.

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