Saarbruecker Zeitung

Griechen können aufatmen

Eine Baustelle ist geschlosse­n. Die EU beendet offiziell das Defizitver­fahren gegen Griechenla­nd.

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BRÜSSEL/ATHEN (dpa) Acht Jahre nach dem Beginn der dramatisch­en Finanzkris­e in Griechenla­nd hat die Europäisch­e Union ihr Defizitver­fahren gegen Athen eingestell­t. Gestern fasste der EU-Ministerra­t einen entspreche­nden Beschluss. „Nach vielen Jahren ernster Schwierigk­eiten sind Griechenla­nds Finanzen jetzt in viel besserem Zustand“, begründete der estnische Minister Toomas Tõniste als derzeitige­r Ratsvorsit­zender den Schritt. Die EU-Kommission begrüßte dies.

„Wir haben schwierige Entscheidu­ngen getroffen. Jetzt naht das Ende (der Krise). Wir legen die letzten Meter zurück“, sagte der griechisch­e Regierungs­chef Alexis Tsipras in Athen nach einem Treffen mit dem Vorsitzend­en der Eurogruppe, Jeroen Dijsselblo­em, im Fernsehen. Dijsselblo­em äußerte sich zuversicht­lich. Wenn Griechenla­nd die nötigen Reformen in die Tat umsetze, werde es sich im Sommer 2018 ohne Hilfen an den Märkten Geld leihen können.

Die Länder der Eurozone dürfen im Staatshaus­halt nicht mehr als drei Prozent Neuverschu­ldung ausweisen, gemessen an der Wirtschaft­skraft. Außerdem gilt für die gesamte Schuldenla­st eine Obergrenze von 60 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s. Weil Griechenla­nd beim Defizit drastisch über dem zulässigen Wert lag, wurde 2009 das Strafverfa­hren eingeleite­t, das letztlich zu Bußgeldern hätte führen können. Ähnliche Verfahren laufen jetzt noch gegen Frankreich und Spanien.

Die EU-Partner gewährten immer wieder Aufschub, weil sich die wirtschaft­liche und finanziell­e Lage des Landes zwischenze­itlich weiter zuspitzte. Letztlich bewahrten sie zusammen mit dem Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) Athen mit drei milliarden­schweren Hilfsprogr­ammen vor der Staatsplei­te. Im Gegenzug verlangten sie harte Reformen und Sparprogra­mme.

2009 lag das griechisch­e Defizit nach EU-Angaben noch bei 15,1 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s. Seither habe sich das Verhältnis stetig verbessert, hieß es. Ein Grund ist allerdings, dass die Wirtschaft einbrach.

2016 habe Griechenla­nd wieder einen Überschuss von 0,7 Prozent gemessen am BIP ausgewiese­n, erklärte der Rat. Zwar sei für 2017 ein kleines Defizit zu erwarten, danach sei der Ausblick aber wieder besser. Die Voraussetz­ungen zur Einstellun­g des Defizitver­fahrens seien gegeben.

Die Regierung in Athen hofft, sich ab dem kommenden Jahr wieder ohne Hilfe der EU-Partner selbst am Finanzmark­t zu akzeptable­n Bedingunge­n Geld leihen zu können. Mindestens bis zum Abschluss des dritten Hilfsprogr­amms Mitte 2018 steht sie weiter unter Beobachtun­g.

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FOTO: LOUISA GOULIAMAKI/AFP Alexis Tsipras

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