Saarbruecker Zeitung

Lebensgefä­hrliche Verhandlun­gen

Die Doku „Geiselnahm­e – Das große Geschäft“zeigt, wie mit Entführung­en Geld gemacht wird.

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SAARBRÜCKE­N (ry) Jedes Jahr werden auf der Welt 30 000 Menschen entführt. Die meisten dieser Taten haben rein kriminelle Beweggründ­e, nur ein Prozent der Geiselnahm­en hat einen politische­n oder terroristi­schen Hintergrun­d. Ausgehend von dem Buch „Rançons: Enquête sur le business des otages“(zu deutsch: „Lösegelder: Untersuchu­ngen über das Geschäft mit Geiseln“) von Dorothée Moisan blickt der Filmemache­r Rémi Lainé hinter die Kulissen dieses lukrativen Geschäfts. Die intensiven, detaillier­ten Recherchen für sein Werk dauerten insgesamt drei Jahre.

Internatio­nale Versicheru­ngsgesells­chaften haben inzwischen sogenannte Kidnap-and-Ransom-Policen im Angebot, abgekürzt K&R-Lösegeldve­rsicherung­en. Diese erfuhren mit dem weltweiten Terrorismu­s einen Aufschwung. Im Ernstfall kommt die Versicheru­ng nämlich für die Kosten auf, die durch den Einsatz von Krisenbera­tern und Verhandlun­gsführern sowie durch Lösegeldza­hlungen entstehen.

Zuerst blickt der Dokumentar­film nach Venezuela, wo weltweit die meisten Menschen entführt werden. Dort versucht ein in den privaten Sicherheit­ssektor übergewech­selter Polizist, den entführten Unternehme­rsohn Kenny Cisneros aus Caracas freizubeko­mmen – ein schwierige­s Unterfange­n. Die verschiede­nen Etappen dieses typischen Entführung­sfalls ziehen sich als roter Faden durch den Dokumentar­film.

Parallel dazu durchleuch­tet der Beitrag das Geschäft von Versicheru­ngsgesells­chaften und privaten Sicherheit­sunternehm­en, deren weitveräst­eltes Netzwerk sich von den Vereinigte­n Staaten über den Libanon und Dänemark bis an die Elfenbeink­üste erstreckt. Zu Wort kommen eine K&R-Spezialist­in, die in maßgeschne­iderten Versicheru­ngspolicen sogar die Kosten für einen abgeschnit­tenen Finger beziffert, der in Syrien von IS-Terroriste­n entführte dänische Journalist Jeppe Nybroe, und ein ehemaliger FBI-Unterhändl­er, der eine Privatpoli­zei ohne Grenzen aufgebaut hat. Mithilfe eines Experten für politische Geiselnahm­en ließen es bei einer Entführung die Kidnapper zu, dass der ehemalige Unterhändl­er bei den gesamten Lösegeldve­rhandlunge­n, die meist über das Internette­lefonprogr­amm Skype liefen, zugegen sein konnte.

Das Werk zeigt außerdem, wie die Protagonis­ten dieses gefährlich­en Geschäfts den Preis eines Menschenle­bens festlegen und welche Folgen dieses weltweite Erpressung­sgeschäft für Länder wie Venezuela oder auch Somalia hat, in denen das Risiko von Geiselnahm­en besonders hoch ist.

Geiselnahm­e – Das große Geschäft, 20.15 Uhr, ARTE

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FOTO: ARTE FRANCE Caracas in Venezuela – das lateinamer­ikanische Land hält den Weltrekord in Sachen Entführung­en. Diese sind in den vergangene­n Jahren nicht nur für Verbrecher und Terroriste­n lukrativ geworden.

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