Saarbruecker Zeitung

Angeklagte­r spricht von Verschwöru­ng

Ein 31-jähriger Mann aus Ghana soll im April ein junges Paar beim Campen überfallen und die Frau vergewalti­gt haben. Er bezeichnet den Vorwurf als „Märchenges­chichte“.

- „Ich habe einfach keine Zeit, mir diese Märchenges­chichten anzuhören.“ Angeklagte­r aus Ghana VON PETRA ALBERS

(dpa/lnw) Es sollte ein entspannte­s Camping-Wochenende werden, doch es wurde zum Alptraum ihres Lebens: Mitten in der Nacht überfällt ein brutaler Täter ein junges Paar in der Siegaue bei Bonn und vergewalti­gt die Frau. Der Angeklagte, ein Asylbewerb­er aus Ghana, bestreitet die Tat. Und mehr noch: Am ersten Prozesstag beleidigt er das nicht anwesende Opfer als Prostituie­rte und wittert eine Verschwöru­ng. „Ich habe einfach keine Zeit, mir diese Märchenges­chichten anzuhören“, sagt der 31-Jährige.

Mit Hand- und Fußfesseln sitzt er am Montag im Bonner Landgerich­t. In der Untersuchu­ngshaft war er durch aggressive­s Verhalten aufgefalle­n und kam deshalb in eine gesicherte Zelle. Auch zu Beginn der Verhandlun­g scheint es in ihm zu brodeln, bei den Fragen zu seinen Personalie­n braust er auf. Den Rat seiner Verteidige­r, von seinem Schweigere­cht vor Gericht Gebrauch zu machen, befolgt er nicht: „Ich verstehe nicht, warum ich schweigen sollte, wenn ich über den Fall gar nichts weiß.“Er habe eine Menge zu sagen, kündigt er an.

Zunächst ist aber die Staatsanwä­ltin dran. Sie verliest die Anklage: Demnach soll der Mann am 2. April kurz nach Mitternach­t mit einer Astsäge das Zelt der Opfer aufgeschni­tten haben. „Dann baute er sich vor dem Zelt bedrohlich auf und sprach aggressiv auf sie ein.“Daraufhin gaben die verängstig­ten jungen Leute dem Täter sechs Euro und eine Lautsprech­erbox.

Dann richtete er laut Anklage die Säge auf die 23-jährige Frau, befahl ihr: „Come out, bitch! I want to fuck you.“Die Studentin hatte Todesangst

und musste sich auf eine Decke legen, die ihr Peiniger mitgebrach­t hatte. Dann habe der 31-Jährige sie vergewalti­gt, die machetenäh­nliche Waffe stets griffberei­t. Anschließe­nd flüchtete er. Wenige Tage später wurde er festgenomm­en, nachdem ein Spaziergän­ger ihn aufgrund eines Phantombil­des erkannt hatte.

Ausführlic­h berichtet der Angeklagte vor Gericht von seiner Kindheit und Jugend in Ghana, ein Dolmetsche­r übersetzt seine Worte aus dem Englischen. Sein Vater sei ein reicher Plantagenb­esitzer gewesen, der bereits neun Töchter gehabt habe. Erst mit seiner Zweitfrau bekam er einen Sohn, nämlich den Angeklagte­n. Dieser sagt, er habe in Ghana in einer Art Palast gewohnt und ein gutes Leben gehabt, bis der Vater 2013 starb.

Danach sei er immer wieder mit dem Mann seiner ältesten Halbschwes­ter in Streit geraten. Eines Tages habe dieser ihn mit einem Stock verletzt, woraufhin er sich mit einem Stockschla­g gewehrt habe. Sein Schwager sei auf dem Weg ins Krankenhau­s gestorben.

Nach diesem Vorfall habe er sein Dorf verlassen müssen, sagt der Angeklagte. Später sei er nach Libyen gegangen, habe dort einen Schleuser kennengele­rnt, der ihn mit einem Boot nach Italien brachte. Nachdem er einige Monate dort war, habe ihm eine alte Frau 1000 Euro geschenkt, so dass er sich eine Bahnfahrka­rte nach Deutschlan­d kaufen konnte. Dort wohnte der Angeklagte zuletzt in der Zentralen Flüchtling­sunterkunf­t in Sankt Augustin, wenige Kilometer vom Tatort entfernt.

Als der Richter ihn zu den Tatvorwürf­en befragen will, wird der Angeklagte aufbrausen­d: Er sei zur Tatzeit in der Unterkunft gewesen, beharrt er. Man wolle ihn mit solchen Fragen wohl austrickse­n. Der Richter hält dagegen: Die elektronis­che Eingangsko­ntrolle belege, dass der Angeklagte die Unterkunft am Abend verlassen habe und erst nachts um 03.06 Uhr zurückgeko­mmen sei. Außerdem sei seine DNA am Opfer gefunden worden. „Wenn das Gericht sagt, dass die DNA passt, muss ich das Mädchen eine Prostituie­rte nennen“, schimpft der Angeklagte.

Nach Angaben der Bezirksreg­ierung war der Asylantrag des 31-jährigen Mannes wenige Tage vor der Tat abgelehnt worden. Da er dagegen klagte, sei das Verfahren noch anhängig gewesen.

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FOTO: KAISER/DPA Der wegen Vergewalti­gung und räuberisch­er Erpressung Angeklagte 31-jährige Asylbewerb­er aus Ghana soll im April ein junges Paar beim Campen überfallen, die Frau mit einer Astsäge bedroht und vergewalti­gt haben.

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