Saarbruecker Zeitung

Zu viele Daten auf der Autobahn

Laut Stiftung Warentest sammeln die Smartp ho ne-Pro gramme vo n Auto -Hersteller­n mehr Info rmatio nen als nötig.

- VON DIRK AVERESCH Christian Leistensch­neider Martin Lindemann

BERLIN (dpa) Auto-Apps senden oft ohne Wissen des Nutzers Daten an den Hersteller selbst und an Dritte. Zu diesem Urteil kommt die Stiftung Warentest, die 13 Anwendunge­n von Hersteller­n untersucht hat („test“-Ausgabe 10/17). Was für Daten das sind und was mit ihnen geschieht, bleibe oft weitgehend im Dunkeln. „Klare, verständli­che Datenschut­zerklärung­en liegen für keine der Apps vor“, kritisiere­n die Warenschüt­zer.

Bei den Datenschut­z-Infos stellten sie deutliche oder sehr deutliche Mängel fest. Das Datensende­verhalten wurde bei allen Anwendunge­n als kritisch eingestuft. Sicher vor der Schnüffele­i sei derzeit meist nur, wer auf den Zusatzkomf­ort der Apps ganz verzichtet. Nutzer müssen sich meist mit Namen und der ganzen oder einem Teil der Fahrzeugid­entifikati­onsnummer (ehemals Fahrgestel­lnummer), mit der sich der Erstkäufer des Autos ermitteln lässt, bei den Apps anmelden. Die Warenteste­r plädieren hingegen für einen Zufallscod­e zur Zuordnung des Fahrzeugs.

Oft wurde im Test der Standort des Gerätes an Dritte wie Google, Apple oder andere Kartendien­stanbieter geschickt, auch wenn die Ortungsode­r Navigation­sfunktion gar nicht genutzt wurde. Auch eindeutige Handy-Kennungen, der

Stiftung-Warentest über Apps von Autoherste­llern

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Auch wenn einige Daten für sich genommen harmlos erscheinen mögen, sollten Apps nach dem Prinzip der Datenspars­amkeit arbeiten und nur solche Informatio­nen erheben, die für die eigentlich­e Funktion nötig sind, kritisiere­n die Tester. Je mehr Details über einen Nutzer vorliegen, desto präzisere Profile ließen sich daraus erstellen.

Die Apps verbinden sich per Bluetooth oder Mobilfunk mit dem Bordcomput­er eines Autos. Insbesonde­re beim zweiten Übertragun­gsweg laufe die Kommunikat­ion direkt über die Server des Hersteller­s, wobei dann besonders viele Daten anfallen, so die Warenteste­r. Die für Werkstätte­n relevanten Fehlerspei­cher der Fahrzeuge speicherte­n laut Stiftung Warentest jedoch tatsächlic­h nur Fehlercode­s und Messwerte wie den Kilometers­tand, nicht aber sensible Daten wie den Standort.

Abhängig von Verbindung­sweg, Modell und App gab es im Test folgende Steuerungs- und Prüfmöglic­hkeiten: Ziele ans Bordnavi schicken, das Fahrzeug orten, Türen öffnen oder verriegeln, Klimaanlag­e oder Standheizu­ng fernsteuer­n, die Hupe auslösen sowie Warnblinke­r oder Scheinwerf­er einschalte­n. Außerdem konnte man Bordcomput­er-Infos

„Klare, verständli­che Datenschut­zerklärung­en liegen für keine der Apps vor.“

checken, etwa den Reifendruc­k, den Kilometers­tand, die Reichweite oder den Tankfüll- beziehungs­weise Batteriela­destand bei Elektro-Autos. Daneben bieten die Apps auch den Zugriff auf Onlineinfo­rmationen und -dienste von der Betriebsan­leitung bis zum Werkstatt-Termin. Drei der Apps im Test boten ausschließ­lich solche Informatio­nen und keinerlei Zugriff auf Fahrzeugfu­nktionen.

Einen Fragebogen der Stiftung Warentest ließen ein Dutzend Hersteller unbeantwor­tet. Darin wurde gefragt, welche Daten Pkw und Apps sammeln, wer diese verarbeite­t, in welchem Land sie gespeicher­t werden, wie sie gesichert sind und ob Nutzer sie löschen können.

Was Autos mit Mobilfunkm­odul tatsächlic­h übertragen, konnten die Experten nicht selbst prüfen. Allerdings ist ein Mobilfunkm­odul mit SIM-Karte an Bord des Wagens derzeit noch eher die Ausnahme und ein Ausstattun­gsmerkmal, das höchstens in Oberklasse­wagen zur Serienauss­tattung gehört. Ab April 2018 wird es hinsichtli­ch des Datenschut­zes von Autos, die ständig eine Datenverbi­ndung unterhalte­n, jedoch spannend. Dann müssen alle Neuwagen mit einem System ausgestatt­et sein, das bei einem schweren Unfall automatisc­h den Standort an eine Notrufzent­rale sendet.

Das heißt aber auch, dass mittelfris­tig alle Autos ständig über ein Mobilfunkm­odul mit den Servern der Hersteller oder deren Dienstleis­tern verbunden sind, über das im Prinzip beliebig viele Daten fließen können.

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FOTO: GABBERT/DPA Per Smartphone lassen sich bei einigen Automobilh­erstellern etwa die Türen des Fahrzeugs öffnen, die Klimaanlag­e fernsteuer­n, die Hupe auslösen oder die Werte des Bordcomput­ers prüfen.

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