Saarbruecker Zeitung

Nach Elversberg auf Bundesliga-Kurs

Torhüter Kenneth Kronholm erlebt eine ungewöhnli­che Karriere. Mit dem KSV Holstein Kiel startet er derzeit durch.

- VON HEIKO LEHMANN

KIEL Philipp Dittberner singt in seinem Hit „Wolke 4“davon, dass er lieber auf Wolke 4 bleibt als auf Wolke 7, von der er schon mal zu tief gefallen sei. Ein Lied, das auch Kenneth Kronholm singen könnte. Der 31-Jährige ist Torhüter des Fußball-Zweitligis­ten SV Holstein Kiel und erlebt in seinem 13. Profijahr seinen absoluten Höhepunkt. In der vergangene­n Saison schafften die Kieler mit Kronholm den Aufstieg in die 2. Bundesliga, und nach acht Spielen in der neuen Saison steht das Team sensatione­ll auf dem dritten Platz in der Tabelle. Eine Position, die am Saisonende über die Relegation zum Aufstieg in die Bundesliga führen könnte.

„Klar, wir steigen auf und spielen ein Jahr später unter der Woche in der Champions League. Wir machen alle platt“, sagt Kronholm in seiner unnachahml­ich lockeren Art und fängt an, herzhaft zu lachen. „Schreib das bloß nicht“, ergänzt der 31-Jährige und lacht wieder: „Jetzt im Ernst: Wir machen uns aktuell wirklich keine Gedanken, wo wir in der Tabelle stehen. Wir haben eine starke Mannschaft und versuchen Woche für Woche, den Plan unseres Trainers umzusetzen. Wir haben fünf von acht Spielen gewonnen, hatten dabei aber auch oft Glück.“Glück, aber auch einen überragend­en Torhüter. Am vergangene­n Wochenende beim 3:1-Sieg gegen den MSV Duisburg hielt Kronholm seine Mannschaft mit starken Paraden im Spiel. „Das ist total irre. Die schießen immer genau dorthin, wo ich gerade herumflieg­e“, scherzt Kronholm.

In Virginia in den USA geboren und in Heidelberg aufgewachs­en, durfte der kleine Kenneth zunächst gar kein Fußball spielen. Die Kronholms sind eine Handball-Familie, und so konnte Kenneth früher nur heimlich mit seinen Kumpels kicken. Irgendwann war aber klar, dass der Junge zu viel Talent hatte – und so startete Kenneth Kronholm erst als B-Jugendlich­er seine Fußballer-Karriere beim SV Waldhof Mannheim. Es begann eine ungewöhnli­che Laufbahn mit elf Vereinen in 13 Jahren und zwischenze­itlich einem Platz auf Wolke sieben.

„Trainer Uwe Weidemann hat mich mit 21 Jahren bei Fortuna Düsseldorf zum Stammtorhü­ter gemacht. Damals wollte ich immer mehr – und das, so schnell es geht“, erinnert sich Kronholm, der bei allem Spaß auch verdammt ernst sein kann. „Damals hat mir mein Berater mitgeteilt, dass es ein Angebot aus der 2. Liga in England gibt. Ich habe Düsseldorf abgesagt, und plötzlich kam das Engagement in England doch nicht zustande. Dann hatte ich nichts mehr. Auch keinen Berater. Von dem habe ich mich getrennt.“

Es folgten viele Vereinswec­hsel, viel Ungeduld und schließlic­h eine Grundsatz-Entscheidu­ng. Im Jahr 2012 war Kronholm vereinslos. „Es gab die Option, Oberliga zu spielen und einen Beruf anzufangen. Und es gab die Option, noch einmal alles zu geben und es noch einmal zu probieren. Ich habe mich für Option Nummer zwei entschiede­n.“Über den Torwart-Trainer des SV Waldhof Mannheim und einen ehemaligen Teamkolleg­en (Rene Schwall) fragte der damals beraterlos­e Kronholm bei der SV Elversberg an, ob er ein Probetrain­ing machen darf. „Ich habe fünf Tage bei meinem Kumpel in Elversberg gepennt und alle Strapazen auf mich genommen“, erinnert sich Kronholm.

Nach fünf Tagen Training war Kronholm die neue Nummer eins und schaffte mit den Elversberg­ern sofort in der ersten Saison den Aufstieg in die 3. Liga. Allerdings ging es für die SVE nur ein Jahr später wieder zurück in die Regionalli­ga, und Kronholm wechselte zum Drittligis­ten Holstein Kiel. In Elversberg ist der heute 31-Jährige aber immer noch ein Held.

Bevor die SV Elversberg im vergangene­n Sommer mit Karsten Neitzel den ehemaligen Trainer der Kieler verpflicht­ete, informiert­e sich SVE-Präsident Dominik Holzer bei Kronholm über Neitzel. „Wenn es einer schafft, mit der SVE wieder aufzusteig­en, dann Kalle. Der Typ lebt 24 Stunden am Tag Fußball. Ich habe selten einen Trainer erlebt, der so eine profession­elle Einstellun­g hat. Ich drücke der SVE die Daumen, ich bin immer noch Fan von der Truppe“, sagt Kronholm.

Er selbst schaut nach vielen einschneid­enden Erlebnisse­n in seiner Karriere nicht weiter als auf das nächste Spiel. „Man kann schon fast sagen, dass ich nur von Spiel zu Spiel lebe. Alles andere bringt im Fußball nichts, das habe ich gelernt“, sagt der Torhüter, der im Spätsommer seiner Karriere seine schönste Zeit im Profifußba­ll erlebt – im hohen Norden, wo sich Kronholm genauso wohl fühlt wie in seiner Heimat Heidelberg und natürlich im Saarland. Dort oben an der Ostsee, auf seiner persönlich­en Wolke 4.

„Wenn es einer schafft, mit der SVE wieder aufzusteig­en, dann Kalle. Der Typ lebt 24 Stunden

am Tag Fußball.“

Kenneth Kronholm

Torhüter des Zweitligis­ten

KSV Holstein Kiel

 ?? FOTO: HEIMKEN/DPA ?? Der frühere Elversberg­er Torhüter Kenneth Kronholm liegt mit Holstein Kiel in der 2. Bundesliga auf Aufstiegs-Kurs.
FOTO: HEIMKEN/DPA Der frühere Elversberg­er Torhüter Kenneth Kronholm liegt mit Holstein Kiel in der 2. Bundesliga auf Aufstiegs-Kurs.

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