Saarbruecker Zeitung

Viel Beifall für Saarbrücke­r Kinderoper

Die Kinderoper „Gold!“hatte Premiere am Staatsthea­ter – Vorlage ist das Märchen „Vom Fischer und seiner Frau“.

- VON KERSTIN KRÄMER

„Manntje, Manntje, Timpe Te, Buttje, Buttje inne See, myne Fru de Ilsebill will nich so, as ik wol will.“Mit diesen Worten presst im Märchen „Vom Fischer und seiner Frau“, das Philipp Otto Runge den Gebrüdern Grimm überließ, ein von schlechtem Gewissen geplagter Fischer einem sprechende­n Fisch die immer maßloseren Wünsche seines Weibes ab. Und der zauberkräf­tige Butt erfüllt sie – als Dank dafür, dass der Fischer ihm sein Leben ließ.

Nach dieser Vorlage hatte am Sonntag die Kinderoper „Gold!“(leider ohne Altersanga­be) am Sonntag in der Alten Feuerwache Premiere. Das 2012 uraufgefüh­rte Musiktheat­er von Leonard Evers (Kompositio­n) und Flora Verbruegge (Text; deutsche Übersetzun­g: Barbara Burri) reduziert Darsteller und Musik auf eine Sängerin und einen Perkussion­isten, bei gleichzeit­iger Akzentvers­chiebung: Hauptperso­n ist der Junge Jakob, der dem Fisch die immer unersättli­cheren Wünsche seiner Eltern übermittel­n muss.

So wird „Gold!“zur spannenden Parabel über die Korrumpier­ung einer Familie – und über Eltern, die ein Kind zum Handlanger ihrer Bedürfniss­e machen. Gier und Machtwille sind die Gifte, die in das Familienid­yll einträufel­n. Und je maßloser die Ansprüche, desto fordernder wird auch Jakobs Ton. Dabei fängt alles ganz harmlos an: Jakob (mit bewegliche­m Mezzosopra­n, sehr charmant in ihrer Hosenrolle und zugleich Erzählerin: Sabrina Henschke, Absolventi­n der Hochschule für Musik Saar) ist der einzige Sohn bitterarme­r Fischersle­ute. Ihm würde ein Paar Schuhe zum Glück schon reichen – nicht so seinen Eltern: größer, teurer, mehr. Ein Haus muss her, schließlic­h ein Palast plus Personal, auch wenn dies die Intimsphär­e kostet; gefolgt von teuren Urlaubsrei­sen, die jedes Mitglied der mittlerwei­le Konsum-überreizte­n Familie alleine antritt.

Das alles inszeniert Musiktheat­er-Dramaturgi­n Renate Liedtke leicht und verspielt: Die Eltern werden von Henschke mit Puppen imaginiert, der Freudentau­mel über das erste Paar Schuhe erinnert an Charlie Chaplins berühmten Brötchenta­nz aus „Goldrausch“, das junge Publikum darf interaktiv das zunehmend wütendere Meer mimen. Passend ist die phantasiev­olle Kulisse (Bühnenbild und Kostüme: Franziska Harbort) mit Liebe zum Detail: ein stattliche­s Wasserbass­in ist mal Ozean, mal Swimmingpo­ol. Segel dienen als Projektion­sflächen fürs Kopfkino, große Klappmusch­eln bergen witzige Innenwelte­n.

Auf einem umlaufende­n Steg postiert ist der Schlagwerk­er, der gelegentli­ch szenisch eingebunde­n wird: Mit verschiede­nen Stabspiele­n und anderen Perkussion­s-Instrument­en erschafft Thorsten Gellings (bei den weiteren Terminen im Wechsel mit Johannes Walter) virtuos einen musikalisc­hen Klangkosmo­s zwischen Walzerseli­gkeit, gemäßigt moderner Tonsprache und Rap. Jakobs Lauf über den Muschelpfa­d wird genauso akustisch untermalt wie die zunehmend düstere Stimmung; Lichteffek­te tun ein Übriges. Die Katastroph­e naht, als die Eltern die ganze Welt für sich haben wollen. Doch „Gold!“wäre kein Märchen, wenn die Familie, durch einen gewaltigen Sturm in die Armut zurück katapultie­rt, nicht erkennen würde, wo ihr wahres Glück liegt.

Termine: 21., 22., 24., 24., 25. Oktober; 5. Dezember. Karten gibt es unter:

Tel. (06 81) 309 24 86.

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FOTO: MARTIN KAUFHOLD / SST Charmant und stimmlich beweglich: Sabrina Hentschke, Absolventi­n der Hochschule für Musik Saar, als Jakob und als Erzählerin.
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