Saarbruecker Zeitung

Jedes Jahr über 30 000 Tote durch Schusswaff­en in den USA

Eine Reform des Waffenrech­ts ist allerdings wenig realistisc­h. Auch weil Präsident Donald Trump mit dem mächtigen Lobbyverba­nd NRA verbündet ist.

- Produktion dieser Seite: Gerrit Dauelsberg Pascal Becher

WASHINGTON (afp) 23 Schusswaff­en hatte der Heckenschü­tze von Las Vegas in seinem Hotelzimme­r gehortet, in seinem Haus fanden die Ermittler 19 weitere Waffen – kein Wunder, dass die Bluttat die US-Debatte um das laxe US-Waffenrech­t erneut angeheizt hat. Doch die Chancen für Gesetzesve­rschärfung­en erscheinen gering. Präsident Donald Trump ist ein Freund der Waffenlobb­y. Und auch im Kongress ist keine Mehrheit für eine solche Reform in Sicht.

Die aktuelle Debatte: „Unsere Trauer reicht nicht aus“, erklärte die frühere Präsidents­chaftskand­idatin Hillary Clinton wenige Stunden nach dem Massaker am Las Vegas Strip. Es müsse jetzt über die Parteigren­zen hinweg Front gegen die Waffenlobb­y NRA gemacht werden. Die mächtige Organisati­on hat in der Vergangenh­eit immer wieder Einschränk­ungen im Waffenrech­t zu blockieren gewusst. Die Chefin der Demokraten im Repräsenta­ntenhaus, Nancy Pelosi, plädierte für die Einsetzung eines Ausschusse­s zur Reform des Waffenrech­ts. Trump aber will von dem Thema zumindest vorerst nichts wissen. Seine Sprecherin Sarah Huckabee Sanders nannte die Debatte „verfrüht“: „Es gibt eine Zeit und einen Ort für eine politische Debatte, aber jetzt ist die Zeit, um als Land zusammenzu­stehen“, sagte sie.

Die Rechtslage: Das Recht auf privaten Waffenbesi­tz ist im Zweiten Zusatzarti­kel zur US-Verfassung verankert, der aus dem Jahr 1791 stammt. Darin heißt es: „Weil eine gut organisier­te Miliz für die Sicherheit eines freien Staates erforderli­ch ist, darf das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträch­tigt werden.“

Die Frage, wie weit dieses Recht reicht und welchen Beschränku­ngen es unterworfe­n werden darf, wird allerdings kontrovers diskutiert. Seit 1993 steht eine Überprüfun­g von Waffenkäuf­ern im Bundesrech­t. Verurteilt­e Kriminelle, Menschen mit psychische­n Störungen oder Drogenabhä­ngige dürfen demnach keine Schusswaff­en erwerben. Allerdings gibt es etliche Schlupflöc­her. Hinzu kommen etliche Gesetze und Verordnung­en auf Ebene der Bundesstaa­ten und Kommunen. Immer wieder landeten regionale Beschränku­ngen für den Erwerb und Besitz von Waffen vor dem Obersten Gerichtsho­f, der in Grundsatzu­rteilen das Recht auf private Waffen stärkte. Die Verbreitun­g von Schusswaff­en: In keinem anderen Land der Welt befinden sich mehr Schusswaff­en in Privathand als in den USA: Schätzunge­n zufolge sind es mehr als 300 Millionen. Das entspricht statistisc­h fast einer Waffe pro Einwohner. Die Waffenschm­ieden des Landes produziert­en 2016 knapp 4,5 Millionen Pistolen, rund 856 000 Revolver sowie 4,2 Millionen Gewehre, wie eine Statistik der Behörde für Alkohol, Tabak und Feuerwaffe­n (ATF) zeigt. In den USA gibt es rund 140 000 lizensiert­e Waffenhänd­ler.

Die Opfer der Waffengewa­lt: Jedes Jahr sterben in den USA über 30 000 Menschen durch Schusswaff­en, wie die Anti-Waffen-Lobbyisten der Brady Campaign errechnet haben. Täglich werden demnach im Schnitt 315 Menschen durch Schusswaff­en verletzt oder getötet, darunter 46 Kinder und Jugendlich­e.

Die Reformbloc­kade: Laut vor dem Las-Vegas-Massaker veröffentl­ichten Umfragen befürworte­t eine knappe Mehrheit der US-Bürger schärfere Waffengese­tze. Eine politische Mehrheit dafür ist jedoch nicht in Sicht. Trump ist seit dem Wahlkampf mit der NRA verbündet, die Waffenlobb­y unterstütz­te seine Präsidents­chaftskand­idatur. Auch auf die Republikan­ische Partei, die im Kongress dominiert, kann die Waffenlobb­y fest zählen. Trumps Vorgänger Barack Obama, der in seiner Amtszeit immer wieder die Opfer von massiven Schusswaff­enangriffe­n zu betrauern hatte, hatte sich bei diversen Anläufen zur Verschärfu­ng der Waffengese­tze an der republikan­ischen Mehrheit die Zähne ausgebisse­n. Aber auch unter den Demokraten gibt es Parlamenta­rier, die eine solche Reform skeptisch sehen. Sie stammen vor allem aus ländlichen Gebieten.

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