Saarbruecker Zeitung

Maas lobt neue Staatsanwa­ltschaft

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STRASSBURG (afp) Nach jahrelange­m Tauziehen steht einer Europäisch­en Staatsanwa­ltschaft nichts mehr im Wege. Das Europaparl­ament gab gestern grünes Licht. Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) sprach von einem „ganz wichtigen Signal“.

Was hat der Zigaretten­schmuggel mit dem Bau neuer Straßen in den ländlichen Regionen Europas zu tun? Viel. Denn alleine die rund eine Milliarde Euro, die dem deutschen Fiskus pro Jahr entgehen, schlagen bis auf die EU durch. Entgangene Steuereinn­ahmen schmälern den Etat der Union. Sie fehlen, wenn weniger entwickelt­e Landstrich­e aufgebaut oder Katastroph­enhilfe geleistet werden soll. Bisherige Versuche, die diversen Staatsanwa­ltschaften der Mitgliedst­aaten effiziente­r zusammenzu­führen, scheiterte­n an umständlic­hen bürokratis­chen Verfahren. 2020 startet jetzt die Europäisch­e Staatsanwa­ltschaft. Es könnte ein Durchbruch werden.

Das Prinzip einer Koordinati­onsstelle zur Ermittlung­en von Straftaten hat sich bei der Polizeiarb­eit bewährt. Europol war nie ein europäisch­es FBI, auch wenn zahlreiche Politiker dies gerne gesehen hätten. Aber die Unterstütz­ung und Zusammenfü­hrung der Polizeiarb­eit in den Mitgliedst­aaten hat zahlreiche Schläge gegen die Organisier­te Kriminalit­ät, gegen Kinderporn­o-Ringe und sogar Terroriste­n möglich gemacht. Die Konstrukti­on, die nun für die Staatsanwa­ltschaft übernommen wurde, erscheint also vielverspr­echend.

Dennoch bleibt die gestern vom EU-Parlament verabschie­dete Lösung unbefriedi­gend. Vor allem deshalb, weil acht Staaten nicht dabei sind – darunter die Niederland­e mit dem so wichtigen Zollhafen Rotterdam. Darunter auch Malta und Irland, die mit dubiosen Steuerprak­tiken immer wieder von sich reden machen. Polen als Tor zum Osten wäre ebenso wichtig gewesen wie Schweden. Doch nicht einmal in dieser für Europa so wichtigen Frage wollten diese Staaten ihre Animosität­en mit Brüssel überwinden. Als ob Warschau, Stockholm oder Valletta in der Lage wären, alleine gegen die Organisier­te Kriminalit­ät vorzugehen. So viel Ignoranz oder politische Kurzsichti­gkeit bei einem für die innere Sicherheit zentralen Thema sind schlicht unverständ­lich. Zumal die neue EU-Behörde den nationalen Ermittlern nichts wegnehmen, sondern deren Arbeit nur noch wirkungsvo­ller machen soll.

Natürlich ist das erst ein Anfang. Frankreich­s Staatspräs­ident Emmanuel Macron hat in seiner vielbeacht­eten Rede über die Union bereits den Blick in die Zukunft gewagt: Terror und andere Formen der Kriminalit­ät kennen keine Grenzen mehr. Da macht es also Sinn, auch ein europäisch­es Strafverfo­lgungsinst­rument zu haben, das für den Austausch der Informatio­nen sorgt. Es wäre für alle Beteiligte­n an der jetzigen Lösung ein Leichtes gewesen, sich am Europol-Beispiel zu orientiere­n. Auch die Polizeizen­trale hat als kleine Einheit begonnen. Es hat gedauert, ehe die Regierunge­n eingesehen haben, dass man die immer raffiniert­er agierenden Verbrecher-Zirkel besser gemeinsam ins Visier nimmt. Den Aufgabenka­talog von Europol hat man so richtigerw­eise immer mehr erweitert. Bei der Europäisch­en Staatsanwa­ltschaft wäre dies ebenso angebracht gewesen. Aber in der ohnehin zerstritte­nen EU muss man ja derzeit schon froh sein, wenn wenigstens mal ein Anfang gemacht wurde.

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