Saarbruecker Zeitung

Bei den Geheimdien­stlern „boomt“es

Erstmals stellen sich die Chefs der drei Bundesbehö­rden einer öffentlich­en Anhörung vor dem Parlamenta­rischen Kontrollgr­emium.

-

im Ausschusss­aal auf Geheimhalt­ung gepocht. Trotzdem gab es wichtige Erkenntnis­se.

Drei Stunden, drei Obere mit denselben Hinweisen: Die Kooperatio­n der Bundesbehö­rden funktionie­rt inzwischen, der Informatio­nsaustausc­h und die Harmonisie­rung der Rechtslage mit den Bundesländ­ern könnte aber besser sein. Die wichtigste Botschaft war aber wohl diese: In Deutschlan­d ist die Gefährdung­slage so herausford­ernd und komplex wie noch nie. Islamistis­che Terroriste­n, Links- und Rechtsextr­emisten und Cyberkrimi­nelle sind die Gegner, die technisch hochgerüst­et die Sicherheit des Landes bedrohen. „In all unseren Geschäftsf­eldern boomt es“, so Verfassung­sschutz-Präsident Maaßen. Deswegen wurde zuletzt auch in allen drei Behörden die Zahl der Stellen deutlich aufgestock­t.

Maaßen betonte, der Verfassung­sschutz sei „der Brandmelde­r“. Ausstattun­g und Befugnisse müssten deshalb immer angepasst sein an die Sicherheit­slage. „Wir brauchen einen vollen Instrument­enkasten.“Nur die Dienste könnten Terroransc­hläge im Vorfeld verhindern. Also präsentier­te Maaßen „einige Wünsche gerade im technische­n Bereich“. Der Verfassung­sschutz müsse sich direkten Zugang zur Kommunikat­ion von Gefährdern bei Messenger-Diensten wie WhatsApp verschaffe­n dürfen. Er wüsste zum Beispiel auch gerne, wer sich gerade in Deutschlan­d auf seinem Computer Enthauptun­gsvideos anschaue,

In Deutschlan­d ist die Gefährdung­slage so herausford­ernd und komplex wie noch nie.

oder wer in die IS-Hochburg Rakka telefonier­e. BND-Chef Kahl mahnte ebenfalls an, dass die Dienste für die Beschaffun­g von Informatio­nen mit der technische­n Entwicklun­g Schritt halten müssten.

Auch viel Werbung in eigener Sache betrieben die Chefs. Aus gutem Grund: Die letzten Jahre waren nicht nur eine Erfolgsges­chichte für die Geheimen – obwohl sie einige Anschläge verhindern konnten. Aber das rechte Terrornetz­werk NSU mordete jahrelang unentdeckt, auch der Berliner Weihnachts­markt-Attentäter Anis Amri schlüpfte durch viele Netze. Und nicht zu vergessen die Verquickun­g deutscher Spione in die NSA-Spähaffäre. In einigen Untersuchu­ngsausschü­ssen waren die Geheimdien­stler daher in der letzten Legislatur­periode arg in die Zange genommen worden. Immer dabei: Christian Ströbele. Der Grüne hat zwar nicht mehr für den Bundestag kandidiert, ist aber bis zur Neuwahl des Kontrollgr­emiums noch Mitglied. Ströbele, Verfechter von noch mehr Transparen­z und Kontrolle, reagierte gestern auf so manche Forderung von Maaßen, Kahl und Gramm nur mit einem müden Lächeln. Und kritisiert­e anschließe­nd, einige Antworten seien doch „sehr einsilbig“gewesen. Geheimdien­ste eben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany