Chiles Sternenhimmel im Klassenzimmer
Mit der Digitalisierung ändert sich auch das Lernen. Das Saarbrücker Software-Haus IMC hat auf diesem Gebiet schon viel Erfahrung.
der Saar-Uni im Institut für Wirtschaftsinformatik (IWI) ein Pilotprojekt ins Leben gerufen worden, das es an mehreren Unis ermöglichen sollte, Wirtschaftswissen am Bildschirm zu erlernen.
Dieses Projekt der Online-Universität, das unter dem Namen Winfo-Line an den Start gegangen ist, war quasi der Startschuss für die Lernsoftware-Firma IMC, eine Tochter der Scheer-Gruppe. Deren Gründer, August Wilhelm Scheer, bezeichnet die Ursprungsidee als Versuch, „den öffentlichen Bildungsmarkt auf neue Weise anzusprechen“. Der allerdings sei noch nicht so weit gewesen.
IMC widmete sich – quasi aus der Not heraus – einem anderen Feld, dem Lernen in Unternehmen. Personalabteilungen, die ihre Mitarbeiter weiterbilden wollten, hatten mit der IMC-Software die Möglichkeit, ihren Mitarbeitern Inhalte unabhängig von festen Schulungszeiten zu vermitteln.
Während Lernen früher eher ein virtuelles Abfragen von Lerninhalten war, sieht die Zukunft des Lernens ganz anders aus: „Künftig werden beispielsweise Mitarbeiter eines Autoherstellers in einer virtuellen Umgebung lernen, wie komplexe Montagen ausgeführt werden“, sagt IMC-Vorstansvorsitzender Christian Wachter. Schon heute würden solche Programme eingesetzt: „In den USA schult beispielsweise WalMart seine Verkäufer in einem virtuellen Markt, bevor sie in die Realität losgelassen werden“, sagt er.
Die Saarbrücker IMC spielt in diesem Markt längst eine führende Rolle. Unternehmen wie BMW, VW, Bayer und McDonald’s stehen auf der Kundenliste. Dabei baut das Geschäft auf zwei Säulen auf: Einerseits bietet IMC Software, mit der Unternehmen ihre individuellen Lerninhalte vermitteln können, andererseits entwickelt IMC mittlerweile gemeinsam mit den Unternehmen auch maßgeschneiderte Schulungsprogramme.
Die Themenbreite ist groß: Rund ein Drittel der Aufgaben beschäftigten sich mit techniknahen Lerninhalten, sagt Wachter. Angesichts des zunehmenden Einsatzes von Industrie-4.0-Technik werde dieser Anteil noch zunehmen. Aber auch im kaufmännischen Bereich gebe es zahlreiche Themen, beispielsweise aus den Bereichen Arbeitsschutz oder Korruptionsverhinderung, die mit E-Learning-Programmen vermittelt werden können.
Neben den Industrie-Projekten hat IMC aber auch Lern-Software im Portfolio, die der Ursprungs-Idee, dem öffentlichen Bildungsmarkt, näher kommt. So hat die Saarbrücker Firma ein öffentlich zugängliches Programm entwickelt, das im schulischen Bereich in den Naturwissenschafts-Fächern eingesetzt werden kann. Mit Go-Lab können sich Schulen beispielsweise im Physikund Chemie-Unterricht per Internet live bei 760 Kooperations-Laboren einwählen und Versuche real durchführen. „Sogar ein Teleskop in Südamerika lässt sich über das Programm ansteuern“, sagt Wachter. Das sei praktisch, weil während der Schulzeit in Deutschland in Südamerika der Sternenhimmel zu sehen sei. IMC ist nach Aussage des Mitgründers Scheer ein „Hidden Champion“. „Digitales Lernen kommt jetzt erst richtig in Fahrt“, sagt er.
Tatsächlich legt IMC seit Jahren ein beeindruckendes Wachstum hin, der Umsatz ist weltweit von 16,8 Millionen Euro im Jahr 2014 auf 19,1 Millionen im vergangenen Jahr gestiegen. Im aktuellen Jahr soll die 20-Millionen-Euro-Marke fallen – und das bei einer Umsatzrendite von rund sieben Prozent. Längst ist das Unternehmen mit seinen 250 Mitarbeitern nicht mehr nur in Deutschland, sondern weltweit aktiv – Büros gibt es unter anderem in der Schweiz, England, Neuseeland, Australien und Singapur. Vor allem in Auslandsmärkten wie Australien und Singapur sei das Wachstum aktuell am größten, sagt Wachter.
Als aktuelle Herausforderung bezeichnen Wachter und sein Vorstandskollege Silvio Kusche die Loslösung der Programme von festgelegten Umgebungen: „Die Software muss auf allen Geräten funktionieren“, sagt Kusche. „Auf Tablets ebenso wie auf jedem Smartphone.“