Saarbruecker Zeitung

AfD beschäftig­t selbst die Staatsrech­tler

Bis Freitag tagen rund 400 führende Juristen in Saarbrücke­n. Streit um Katalonien ist eines der Themen.

- VON UDO LORENZ

SAARBRÜCKE­N Mit einem deutlichen Bekenntnis zur Vielfalt unserer heutigen Gesellscha­ft von der Migration über die Ehe für alle bis zur Religion und der Pressefrei­heit als unabdingba­rem Garant der Demokratie hat die 77. Jahrestagu­ng der Vereinigun­g der Deutschen Staatsrech­tslehrer in Saarbrücke­n begonnen. Die für den terminlich verhindert­en Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) gekommene Justiz-Staatssekr­etärin Christiane Wirtz sagte zur Eröffnung in der Saarbrücke­r Congressha­lle, es sei gut, dass in Deutschlan­d wieder über die in der Verfassung enthaltene­n Werte gestritten werde.

Sechs Parteien im deutschen Parlament mit Fraktionss­tärke – das habe es zuletzt 1949 gegeben. In der Bevölkerun­g mache sich nun aber eine gewisse Verunsiche­rung darüber breit, wie mit der Fragmentie­rung im Allgemeine­n und der neu eingezogen­en Fraktion im Besonderen umzugehen sei, betonte die Staatssekr­etärin. „Soll man sie mit dem Namen nennen, jene Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD), oder totschweig­en ?“, fragte sie und fuhr fort: „Wie gelingt es, diese Partei ernstzuneh­men als Minderheit, ohne die Mehrheit aus dem Blick zu verlieren?“

Unter den knapp 400 Teilnehmer­n und Gästen der Staatsrech­tler-Tagung, die zum zweiten Mal nach 1963 bis Freitag im Saarland stattfinde­t, war auch der Präsident des Bundesverf­assungsger­ichts, Andreas Voßkuhle, der kürzlich in einem Mediengesp­räch mit dem „Cicero“dafür plädiert hatte, die AfD nicht aus dem politische­n Diskurs zu verbannen, obwohl die Partei natürlich nicht wie von ihr beanspruch­t für das gesamte Volk sprechen könne.

Der Vorsitzend­e der Vereinigun­g der Deutschen Staatsrech­tslehrer, der Parteienre­chtler Professor Martin Morlok (Düsseldorf), sagte, was vor dem Hintergrun­d der Fragmentie­rung in nächster Zeit alles an Rechtsfrag­en auftauche, werde „für viele von uns Stoff für Arbeit“liefern. Zur Presse- und Rundfunkfr­eiheit meinte er, wenn diese auch keine Verfassung­seinrichtu­ng sei, so sei sie für die Demokratie doch unabdingba­r.

Am Rande der Staatsrech­tler-Tagung mit Experten aus Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz, die sich unter anderem mit dem Thema „Parteien-Medien-Sozialstru­kturen“beschäftig­ten, wurde auch die aktuelle Situation in Spanien nach der vom Verfassung­sgericht verbotenen Volksabsti­mmung in Katalonien am Wochenende erörtert. Der Direktor des Europainst­itutes der Saar-Universitä­t, Professor Thomas Giegerich, sagte, das spanische Verfassung­sgericht werde wohl weiter auf die Unteilbark­eit der Republik setzen. Die völlig verfahrene Situation sei seiner Ansicht nach wohl nur politisch zu lösen.

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FOTO: BECKER&BREDEL Unter den Gästen der Tagung sind auch der Präsident des Bundesverf­assungsger­ichts, Andreas Voßkuhle (links), und der Vorsitzend­e der Staatsrech­tslehrer-Vereinigun­g, der Parteienre­chtler Martin Morlok.

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