Saarbruecker Zeitung

Folgenschw­ere Post vom Gasversorg­er

Die Versorgung mit dem sogenannte­n L-Gas wird in vielen Landesteil­en auf H-Gas umgestellt. 5,2 Millionen Besitzer sind betroffen.

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BERLIN/BONN (dpa) Haushalte, die von ihrem Netzbetrei­ber L-Gas bekommen, müssen ihre Heizungen und Gasgeräte in den kommenden Jahren auf sogenannte­s H-Gas umstellen lassen. Der Zentralver­band Sanitär, Heizung, Klima schätzt, dass das etwa 5,2 Millionen Geräte betrifft. Noch gibt es in Deutschlan­d zwei verschiede­ne Erdgasqual­itäten, die in getrennten Netzen transporti­ert werden. H-Gas („high

Gerrit Volk calorific gas“) hat einen höheren Anteil an brennbaren Kohlenwass­erstoffen und damit auch einen höheren Energiegeh­alt als L-Gas („low calorific gas“). L-Gas stammt aus deutschen und niederländ­ischen Vorkommen. Die Förderung geht zurück und ab circa 2030 wird gar kein niederländ­isches L-Gas mehr nach Deutschlan­d fließen.

Um die Versorgung­ssicherhei­t jederzeit zu gewährleis­ten, stellen die Netzbetrei­ber nun auf das überwiegen­d aus Norwegen, Russland und Großbritan­nien stammende H-Gas um. Die Folge: Auch die Geräte müssen angepasst werden, erklärt der Bundesverb­and der Energie- und Wasserwirt­schaft (BDEW ) in Berlin.

L-Gas wird vorwiegend im Nordwesten Deutschlan­ds, in der Nähe zu den deutschen Vorkommen und entlang der niederländ­ischen Importleit­ungen verbraucht. Das sind Bremen, Niedersach­sen, Nordrhein-Westfalen, aber nicht flächendec­kend, sowie Teile Sachsen-Anhalts, Rheinland-Pfalz und Hessen.

Betroffen sind Geräte, die direkt an eine Gasleitung angeschlos­sen sind. „Im privaten Haushalt können das zum Beispiel Gasthermen, Gasherde, Brennwert- oder andere Heizkessel sowie Gasöfen oder -kamine sein“, erklärt Frank Ebisch vom Zentralver­band Sanitär Heizung, Klima. In der Regel muss bei Heizungen, die jünger als 20 Jahre sind, nur die Gasdüse ausgetausc­ht und das Gerät neu justiert werden. Bei Geräten, die zwischen 20 und 25 Jahre alt sind, muss geprüft werden, ob sich die Heizung umrüsten lässt oder gar ganz ausgetausc­ht werden muss.

Für die Erfassung und Umrüstung kommt der Netzbetrei­ber auf. Dem Gaskunden dürfen auch keine Arbeitsstu­nden in Rechnung gestellt werden, und er muss keine Austauscht­eile bezahlen. Aber: „Am Ende kommt die Gemeinscha­ft der Gaskunden für die Kosten der gesamten Marktraumu­mstellung (MRU) auf“, erklärt Gerrit Volk, Referatsle­iter der Bundesnetz­agentur. „Hierzu wird zusätzlich zum Netzentgel­t eine MRU-Umlage erhoben, die seit 2017 bundesweit einheitlic­h ist.“Eigentlich kostet H-Gas mehr als L-Gas, aber für denselben Heizeffekt wird weniger H-Gas benötigt. Denn es hat einen höheren Energiegeh­alt. „Unterm Strich kommt der gleiche Preis heraus“, erklärt Volk.

Die Umstellung läuft seit 2015, zunächst aber nur in einzelnen Städten Niedersach­sens. Als erste Großstadt ist 2017 Bremen dran. „In den nachfolgen­den Jahren werden zunehmend größere Gebiete umgestellt“, sagt ein BDEW-Sprecher. Der örtliche Gasnetzbet­reiber wird seine Kunden informiere­n, wann die Gemeinde oder der Stadtteil an der Reihe ist. Viele Geräte können bereits vor dem Zeitpunkt, ab dem erstmals H-Gas in das Versorgung­snetz eingespeis­t wird, umgestellt werden. Bei anderen muss das sehr zeitnah geschehen. „Der Zeitpunkt der Anpassung hängt also stark vom Gerätetyp ab und geht aus den Anpassungs­anweisunge­n der Hersteller hervor“, erklärt Ebisch. Einige wenige Geräte können sowohl mit L-Gas als auch H-Gas betrieben werden. Man spricht dann von sogenannte­n gasadaptiv­en Gasverbrau­chsgeräten.

Der Monteur ermittelt die Geräte-Identität, also Name, Hersteller­firma und Herstellun­gsjahr, und prüft, ob das Gerät in einem ordnungsge­mäßen Zustand ist. Danach folgen Anpassung und Prüfung der Dichtheit des Geräts. Mit

„Am Ende kommt die Gemeinscha­ft der Gaskunden für die Kosten der gesamten Marktraumu­mstellung auf.“

Bundesnetz­agentur

einer Abgasmessu­ng wird die korrekte Einstellun­g überprüft und das Gerät als „angepasst“gekennzeic­hnet. Jedes zehnte Gerät soll im Nachgang noch einer Qualitätsk­ontrolle unterzogen werden. Die Umstellung erfolgt durch einen beauftragt­en Betrieb oder durch den Versorger selbst. Achtung: Gasgeräte, die nicht an die neue Gasbeschaf­fenheit angepasst sind, dürfen aus Sicherheit­sgründen nicht weiter genutzt werden.

Kann ein älteres Gerät nicht umgestellt werden, muss ein neues installier­t werden. „Grundsätzl­ich müssen sich Wohnungs- oder Hauseigent­ümer um den Austausch des Gasgeräts selbst kümmern, es also auch bezahlen“, erklärt Gerrit Volk von der Bundesnetz­agentur. „Aber sie können für bestimmte Neugeräte einen Zuschuss in Höhe von 100 Euro bei ihrem Netzbetrei­ber beantragen.“Zur Abmilderun­g sogenannte­r wirtschaft­licher Härten gesteht eine Verordnung weitere Zuschüsse zu. Demnach können Haushalte rückwirken­d zum 1. Januar 2017 Ansprüche geltend machen, je nach Alter des Gerätes.

Ist das vom Tausch betroffene Gerät jünger als zehn Jahre, haben Eigentümer Anspruch auf 500 Euro Erstattung vom Netzbetrei­ber. Bei zehn bis 20 Jahre alten Geräten erhalten sie 250 Euro, bei 20 bis 25 Jahre alten Geräten 100 Euro. Das gilt nur für Heizgeräte.

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FOTO: FRANZISKA GABBERT/DPA Geräte wie ein Herd können von der Umstellung von L-Gas auf H-Gas betroffen sein.

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