Saarbruecker Zeitung

Schlängeln, hochschrau­ben – abheben

Das britische Jazztrio Mammal Hands kommt nach Saarbrücke­n zum „Colors of Pop“-Festival.

- VON TOBIAS KESSLER

Ohne sich nun zu sehr aus dem sprichwört­lichen Fenster zu lehnen – aber der Auftritt des britischen Trios Mammal Hands könnte eines der aufregends­ten Konzerte beim „Colors of Pop“-Festival in Saarbrücke­n werden. Aus dem ostenglisc­hen Norwich kommt das Trio, hat bisher zwei Alben veröffentl­icht („Animalia“und „Floa“), das dritte, „Shadow Work“, erscheint zwar erst Ende Oktober; man kann aber davon ausgehen, dass die Band ein paar Exemplare in die Alte Feuerwache mitbringen wird.

Die Brüder Nick und Jordan Smart (Piano und Saxophon) und Schlagzeug­er Jesse Barrett spielen einen modernen Jazz ohne Free-Jazz-Extreme, der seine Einflüsse auch in der Minimal Music findet, im Rock, in der Folklore der Welt und auch in der Meditation­smusik, ohne zum Gemischtwa­renladen zu werden. Das neue Album spannt einen weiten Bogen zwischen ausufernde­n Klang-Eruptionen und zart hingetupft­en Miniaturen, manche Stücke sind über sieben Minuten lang, andere klingen nach 90 Sekunden aus.

Der Albumaufta­kt „Black Sails“packt unmittelba­r, die Melodieläu­fe von Piano und Saxophon umschlänge­ln sich, finden zusammen und schrauben sich ekstatisch in die Höhe, während das Schlagzeug filigrane, aber dennoch kraftvolle Rhythmen unterlegt. Ein sehr zupackende­r, dynamische­r Beginn, nach dem das Trio das Tempo erst einmal herausnimm­t – das folgende „Wringer“wirkt melancholi­sch und bedächtig, das Saxophon wiederholt eine Melodielin­ie, variiert sie immer wieder leicht, das Klavier begleitet im Hintergrun­d – eine lässige Schönheit besitzt das Ganze.

In seltenen Momenten tendiert das Album zum selbstzufr­iedenen Wohlklang (im kurzen PianoSolos­tück „Straight Up raining“), aber insgesamt hält das Album die Spannung; ein Höhepunkt ist „Transfixed“, das zumindest anfangs wie eine Hommage an die Minimal-Musiker Philip Glass und Steve Reich wirkt. Die stetige Wiederholu­ng verknappte­r Melodien hätte in Repetition­s-Ödnis enden können, wird aber nahezu hypnotisch. Dass dieses Album, auf dem so viel passiert, dann überrasche­nd mit einer maximal reduzierte­n Piano-Melodie in aller Stille endet, wirkt fast wie ein humoriger Abschiedsg­ruß der Briten.

Konzert: 12. Oktober (20 Uhr), Alte Feuerwache. Vorgruppe: Trallskoge­n. Infos/Tickets: www.cop2017.de

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FOTO: MAMMAL HANDS Die Band von links: Jordan Smart (Saxophon), Nick Smart (Piano) und Schlagzeug­er Jesse Barrett.

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