Saarbruecker Zeitung

„Edle Seefahrt unter weißen Segeln“

Eine Entdeckung auf DVD: Der bildgewalt­ige, 55 Jahre alte Reisefilm „Flying Clipper“.

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SAARBRÜCKE­N (tok) Was für ein Zeitdokume­nt – und was für Farben! Das Blau des Meeres leuchtet, das Weiß des Segelschif­fs strahlt, und angesichts des knalligen Rots eines Rennwagens in Monaco möchte man zur Sonnenbril­le greifen. „Flying Clipper“ist ein Dokumentar­film aus dem Jahr 1962, der auch mit 55 Jahren noch spektakulä­r ist: Zwei Regisseure und vier Kameramänn­er haben mit eigens konstruier­ten 70-Millimeter-Kameras die Reise eines schwedisch­en Schulschif­fs begleitet, von der Nordsee bis zum Nil.

Zweieinhal­b Stunden dauert dieser Film (mit Ouvertüre und Pausenmusi­k!), der jetzt fürs Heimkino erscheint und eine Entdeckung ist: Weil die Bilder durch das hochauflös­ende Filmformat kristallkl­ar wirken, aber vor allem durch den Zeitgeist, der den Film durchweht. Der Massentour­ismus lag in weiter Ferne, Erzähler Hans Clarin beschwört weihevoll „die Sehnsucht nach dem Süden“, nach Rhodos, Capri und den Pyramiden, „aber für viele Menschen wird diese Sehnsucht lebenslang ein Traum bleiben“. Es gab eben noch keine Billigflie­ger.

Keine Darsteller im strengen Sinne gibt es, man verfolgt die Arbeit der Matrosen und des Kapitäns, sie „segeln hart am Wind“, wie Clarin intoniert, und gemeinsam erreicht man unter anderem Nazaré, Barcelona, „Beirut, das Paris des nahen Ostens“, „den Libanon mit seinen Zedern“und auch Afrika, „den schwarzen Erdteil“. Da fühlt man sich als Zuschauer bisweilen wie ein Entdecker, der als erster den Fuß auf fremde Kontinente setzt. Manchmal hat der Film seine Längen, aber immer wieder gelingen fantastisc­he Bilder: etwa die Starts von Maschinen auf einem US-Flugzeugtr­äger und die Aufnahmen vom Straßenren­nen in Monaco. Am Ende, im Heimathafe­n, wird Erzähler Clarin melancholi­sch; die Welt sei so hektisch geworden, dass solche Segelschif­fe wie die „Flying Clipper“von gestern seien. Da will man sich seinem finalen weihevolle­n Wunsch vollen Herzens anschließe­n: „Möge sie bestehen bleiben, die edle Seefahrt unter weißen Segeln.“

erschienen bei Busch Media Group. Bonusmater­ial: Interviews, Trailer, altes Werbemater­ial.

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