Saarbruecker Zeitung

Da haben wir aber Glück gehabt

Geld macht nicht glücklich. Das sagt man so leicht dahin. Wenn man schaut, was diese Woche im Saarbrücke­r Rathaus Glücksgefü­hle ausgelöst hat und was nicht, dann bleibt einem dieser Satz aber im Hals stecken.

-

Diese Woche ist denen, die unsere Stadt verwalten, das Herz aufgegange­n. Das Glücksgefü­hl muss fast schon mit Händen zu greifen gewesen sein, so begeistert wirkte Bürgermeis­ter Ralf Latz, die Nummer zwei hinter Oberbürger­meisterin Charlotte Britz in der Chefetage.

Bürgerinne­n und Bürger wollen Kindern und Jugendlich­en wieder mehr Zeit zum Lernen geben, ihnen ein Leben ermögliche­n, das nicht nur darin besteht, für die Schule zu arbeiten. Sie wollen den Leistungsd­ruck verringern und die Lust auf Leben vergrößern. Sie haben deshalb eine Initiative gestartet, die mit einem Volksbegeh­ren durchsetze­n will, dass Jugendlich­e wieder wie früher in neun und nicht in acht Jahren zum Abitur kommen. Menschen, die sich engagieren, die sich reinhängen, die den Begriff der „lebendigen Demokratie“aus der verstaubte­n Mottenkist­e der Sonntagsre­den rausholen – wundervoll!

Aber nein, das war es nicht, was die Rathausobe­ren juchzen ließ. Im Gegenteil. Die Stadtverwa­ltung bremst diese Bürgerbewe­gung aus. Wer seine Stimme abgeben will, muss ins Wahlamt in der Stadtmitte kommen. So weit, die Bürger zumindest auch in den Bürgerämte­rn der Stadtbezir­ke West, Halberg und Dudweiler abstimmen zu lassen, wollte die Stadtverwa­ltung dann doch nicht gehen. Es klingt nach: Demokratie ist eine feine Sache, zu einfach sollte man es den Leuten aber nicht machen.

Auch über andere Saarbrücke­r, die für ihre Sache kämpfen, war man im Rathaus diese Woche nicht amüsiert. Fans des 1. FC Saarbrücke­n trugen ihre Sehnsucht nach daheim auf die Straße. Daheim, das ist der Ludwigspar­k. Also das Stadion, das der Stadt gehört und das sie erst mal abreißen ließ, ohne einen soliden Plan zum Neuaufbau gemacht zu haben. Gerade weil die Stadtverwa­ltung die Sache mit dem Stadion ziemlich versemmelt hat, sollte sie glücklich sein, dass die Fans so treu zu ihrem Verein stehen.

Aber dieses Glück war es auch nicht, das den Bürgermeis­ter frohlocken ließ. Es war ein neuer 100-Millionen-Euro-Kredit und die damit verbundene Erkenntnis, dass Saarbrücke­n „am Kapitalmar­kt hoch angesehen“ist. Was für ein Glück, wenn der Kapitalmar­kt ein guter Freund ist und man auf Anerkennun­g von Bürgern und Fans verzichten kann.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany