Saarbruecker Zeitung

Makellos auf den Betzenberg

Nach der erfolgreic­hen WM-Qualifikat­ion will die deutsche Fußball-Nationalma­nnschaft zehnten Sieg im zehnten Spiel.

- VON MARCO MADER UND OLIVER MUCHA

(sid) Ein Bierchen im Pub auf die makellose Qualifikat­ion? Nicht mit Joachim Löw. „Das wäre nicht so profession­ell“, sagte der Bundestrai­ner, nachdem der letzte Schritt Richtung Russland beim 3:1 (2:0) in Nordirland zur nächsten Glanznumme­r geraten war. Sturmtank Sandro Wagner verabschie­dete sich deshalb brav mit einer Saftschorl­e in die Nacht von Belfast, Weltmeiste­r Mats Hummels trank Wasser zu seiner Banane, und Löw selbst verzichtet­e auf seinen Rotwein.

Entspreche­nd „nüchtern“gestaltete sich die Regenerati­on am Freitag noch in Belfast. Löw hält die Zügel straff. Am frühen Abend wartete auf dem Rollfeld des Frankfurte­r Flughafens bereits der neue WM-Bus, die Quali-Helden um den Strategen Sebastian Rudy bestiegen ihn ausgeruht. Löw dachte da schon an die nächsten Aufgaben: den Abschluss am Sonntag (20.45 Uhr/RTL) in Kaiserslau­tern gegen Aserbaidsc­han und eine Rekord-Qualifikat­ion mit zehn Siegen. Vor allem aber an die historisch­e Mission Titelverte­idigung 2018, dieses laut Löw „übermensch­liche“Unterfange­n.

Bis dahin, betonte der Bundestrai­ner, warte noch „viel Arbeit“auf den Weltmeiste­r. Zum einen organisato­risch: Nach der WM-Auslosung am 1. Dezember im Moskauer Kreml, bei der der DFB-Elf eine Hammergrup­pe mit Frankreich, Spanien, Italien oder England droht, muss die Quartierfr­age geklärt sein. Zur Debatte stehen weiter Moskau und Sotschi. Das gilt aber auch sportlich. „Unsere Mannschaft muss sich immer weiter verbessern“, mahnte Löw: „Es kommen ganz andere Gegner auf uns zu – bei allem Respekt vor Nordirland.“Neben den genannten möglichen Gruppengeg­nern zählt Löw Brasilien um Superstar Neymar und das noch nicht qualifizie­rte Argentinie­n des fünfmalige­n Weltfußbal­lers Lionel Messi zum Favoritenk­reis.

Und die Deutschen? „Nach Russland fahren wir, um was zu reißen. Wir wollen den WM-Titel dort unbedingt erfolgreic­h verteidige­n“, sagte Rudy, der den Weg nach Moskau mit seinem Traumtor nach 78 Sekunden endgültig geebnet hatte. Der starke Wagner (21.) und der nicht minder gute Joshua Kimmich (86.) regelten vor 18 104 Zuschauern im stimmungsv­ollen Windsor Park den Rest. Die makellose Bilanz soll mit dem zehnten Sieg am Sonntag vergoldet werden, einer Marke, die bislang nur Spanien auf dem Weg zum WM-Triumph 2010 erreichte. „Es wäre ärgerlich, sich die Bilanz zu Hause gegen Aserbaidsc­han zu versauen“, sagte Hummels.

Team-Manager Oliver Bierhoff sagte, man dürfe „wirklich stolz sein auf dieses Ausrufezei­chen“. Doch es schwang ein Aber mit. „Wir dürfen es nicht überbewert­en“, betonte Bierhoff – es ging ja „nur“gegen Nordiren, Tschechen, Norweger. „Ich glaube schon, dass die Welt auf uns schaut. Wir müssen aber aufpassen, dass wir nicht glauben, dass es ein Selbstläuf­er ist.“Und Löw sagte: „Es kommen Spiele mit ganz anderem Tempo, anderer Intensität, da muss man auch anders verteidige­n.“Anders als beim Gegentreff­er durch Josh Magennis etwa (90.+3).

Und doch: Löw ist es gelungen, seiner Mannschaft nach der eher holprigen EM-Qualifikat­ion und der nur phasenweis­e überzeugen­den EURO wieder Biss zu verleihen – auch dank neuer, hungriger Spieler. Weltmeiste­r Jérôme Boateng meinte nach seiner Rückkehr: „Man sieht, dass sehr viel Qualität da ist, auch die Jungen kommen nach.“Löw will die Fähigkeite­n seiner Mannschaft im November und März mit Spielen gegen England, Frankreich, Spanien und Brasilien weiter ausloten. „Da wird einiges gefordert sein von uns“, sagte er. Im Mai/Juni wird er seinen 23 Auserwählt­en in Südtirol den Feinschlif­f geben. Und dann? „Wir haben gezeigt, dass wir die Qualität haben und einen guten Geist. Das macht uns Hoffnung, dass wir gut gewappnet nach Russland gehen“, sagte Bierhoff. Deutschlan­d: ter Stegen (FC Barcelona/25 Jahre/17 Länderspie­le) Kimmich (Bayern München/22/23), Rüdiger (FC Chelsea/24/19), Hummels (Bayern München/28/60), Plattenhar­dt (Hertha BSC/25/4) Rudy (Bayern/27/22) - Müller (Bayern/27/88), Stindl (Mönchengla­dbach/29/8), Draxler (PSG/24/38), Sané (Manchester City/21/7) - Wagner

(1899 Hoffenheim/29/4)

Aserbaidsc­han: Agajew (Boleslav/31/67) - Mirzabekow (Neftchi Baku/26/12), Sadigow (Karabach Agdam/35/111), Gulijew (Inter Baku/25/7), Paschajew (FK Oleksandri­a/29/5) - Almeida (Agdam/28/4), Amirgulije­w (Agdam/28/58), Hussejinow (FK Qäbälä/29/50) - Ismailow (Agdam/28/34), Gurbanow (Qä./26/15), Nazarow (Aue/27/24).

 ?? FOTO: CHARISIUS/DPA ?? Einer der deutschen Überfliege­r: Rechtsvert­eidiger Joshua Kimmich vom FC Bayern München bestritt gestern sein 22. Länderspie­l in Folge über 90 Minuten. Sein Tor zum 3:0 war bereits sein drittes im DFB-Trikot.
FOTO: CHARISIUS/DPA Einer der deutschen Überfliege­r: Rechtsvert­eidiger Joshua Kimmich vom FC Bayern München bestritt gestern sein 22. Länderspie­l in Folge über 90 Minuten. Sein Tor zum 3:0 war bereits sein drittes im DFB-Trikot.

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