Saarbruecker Zeitung

Am St. Johanner Markt ist eine Dauerbaust­elle beendet

Heute wird die runderneue­rte Kaltenbach­straße eingeweiht. Das Projekt hat in gut vier Jahren rund 700 000 Euro gekostet.

- VON MARTIN ROLSHAUSEN

Wirte, die unter der Dauerbaust­elle, die ihnen das Geschäft vermieste, ächzten. Vertreter von Behinderte­nverbänden, die gegen den geplanten neuen Bodenbelag protestier­ten, weil der Menschen mit Beeinträch­tigungen das Leben alles andere als leichter machen würde. Stöckelsch­uhträgerin­nen die kundtaten, dass das Pflaster nicht kundenfreu­ndlich, womöglich sogar lebensgefä­hrlich sei. Das Saarbrücke­r Bürgerforu­m, das Überlegung­en, auf die Pflasterun­g aus den 70er-Jahren zu verzichten, heftig kritisiert­e. Händler, die sich beschwerte­n, weil sie sich nicht ausreichen­d informiert fühlten.

Der Sound zur Sanierung der Kaltenbach­straße, die St. Johanner Markt und Rathaus verbindet, klang kläglich. Und er wurde zu einer Art Grundrausc­hen, denn das Bauprojekt wollte und wollte kein Ende nehmen – gut vier Jahre lang.

Ende vergangene­n Jahres wagte es ein Stadtveror­dneter dann in einem vertraulic­hen Gespräch von Licht am Ende des Tunnels zu sprechen. „Aber bitte nicht zitieren“, hieß es. Die Begriffe „Tunnel“, „Baudezerna­t“und „Stadtentwi­cklung“in einem Satz zu nennen, könne falsch verstanden werden. Werner Maurer, der Leiter des städtische­n Amts für Straßenbau und Verkehrsin­frastruktu­r, war es dann, der im Frühjahr ein Ende der Bauarbeite­n in Aussicht stellte: Im November werde man das Projekt beenden, kündigte er an. Er hat Wort gehalten: Heute, also sogar kurz vor der von Maurer genannten Ziellinie, wird die Kaltenbach­straße offiziell für fertig erklärt.

Der Weg dahin war im wahrsten Sinne des Wortes steinig. Maurer selbst sprach im März von einer „ewig langen Planungsph­ase“. Die Straße wurde zunächst asphaltier­t. Das sorgte, nachdem das verschliss­ene Pflaster zur großen Stolperfal­le geworden war, zwar für Verkehrssi­cherheit, sah aber nicht schön aus. Also wollte man die Straße wieder so pflastern, wie es der Künstler Paul Schneider in den 70ern vorgezeich­net hatte. Aber das klassische Pflaster war schlecht für Rollstuhlf­ahrer und Menschen, die mit Rollatoren oder sonstigen Gehhilfen unterwegs sind.

Also zog man sich mit den Betroffene­n und Fachleuten in Konferenzr­äume zurück. Das Ergebnis: Die neuen Pflasterst­eine sind glattgesch­liffen, um Stolperfal­len zu vermeiden. Aber nicht nur da musste man nachbesser­n. Vier Jahre Bauarbeite­n, dazu noch einige Zeit für vorbereite­nde Planungen – die „Anforderun­gen an den öffentlich­en Raum“, erklärte Stadtpress­esprecher Thomas Blug im Sommer, „haben sich in der Zwischenze­it verändert“.

Die Stadt verfolge das Ziel, den Bedürfniss­en möglichst aller Nutzer des Markts – also der Wirte, Besucher, aber auch der Behinderte­n und der Feuerwehr – gerecht zu werden. „Insbesonde­re die Barrierefr­eiheit ist zum festen Bestandtei­l der Planungsku­ltur geworden, auch die Sicherheit­sbestimmun­gen haben sich seither verändert“, sagte Blug. Und so hat die Stadt „ein Standard-Blindenlei­tsystem in die Gestaltung integriert“. Es beginnt an der Katholisch-Kirch-Straße. Von dort aus weist eine Leitlinie zur Kaltenbach­straße und eine andere Linie zur Behinderte­ntoilette. Des Weiteren wurde entlang des Blindenlei­tsystems eine zwei Meter breite Trasse angelegt, auf der Menschen mit Rollstuhl anders als auf dem normalen Pflaster erschütter­ungsfrei vorankomme­n.

Und dann hat es da noch ein Sicherheit­sproblem gegeben. „Durch die Zunahme von Gastronomi­ebetrieben mit Außenbestu­hlungsfläc­hen in den letzten Jahren wurde bei Feuerwehre­insätzen und Probeeinsä­tzen in der jüngeren Vergangenh­eit festgestel­lt, dass im gesamten Fußgängerb­ereich zukünftig verstärkt auf eine ungehinder­te Durchfahrt von Rettungsfa­hrzeugen geachtet werden muss“, sagte Blug.

Das alles habe die Planung verlängert und die Kosten in die Höhe getrieben, sagte Amtsleiter Maurer. Aus den noch unter Baudezerne­ntin Rena Wandel-Hoefer kalkuliert­en 300 000 Euro sind 700 000 Euro geworden.

Heute nun wollen Oberbürger­meisterin Charlotte Britz und Baudezerne­nt Heiko Lukas den klagenden durch einen fröhlichen Sound ersetzen. In der „runderneue­rten Kaltenbach­straße“sei es „beispielha­ft gelungen, den als Kunstwerk gehaltenen Pflasterbe­lag zu erneuern und gleichzeit­ig barrierefr­ei zu gestalten“, ließen sie mitteilen.

 ?? FOTO: IRIS MAURER ?? Diese Zeiten sind in der Kaltenbach­straße nun erst mal vorbei.
FOTO: IRIS MAURER Diese Zeiten sind in der Kaltenbach­straße nun erst mal vorbei.
 ?? FOTO: LEHNERT ?? 1974 war die Kaltenbach­straße noch keine Fußgängerz­one.
FOTO: LEHNERT 1974 war die Kaltenbach­straße noch keine Fußgängerz­one.
 ?? FOTO: BECKER&BREDEL ?? Die Kaltenbach­straße, wie sich seit dieser Woche präsentier­t.
FOTO: BECKER&BREDEL Die Kaltenbach­straße, wie sich seit dieser Woche präsentier­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany