„Krieg“gegen den schwarzen Tod
Etwa 50 Menschen sind in Madagaskar an der Pest gestorben. Die Epedemie grassiert vor allem in Städten und lässt sich nur schwer bekämpfen.
hat sich in einer Woche verdoppelt. Inzwischen sind der Pest rund 50 Menschen zum Opfer gefallen, etwa 450 sind erkrankt, die Hälfte davon in Antananarivo. Ein aus Madagaskar zurückgekehrter Urlauber hat die Krankheit auch auf die Seychellen eingeschleppt. Eine Epidemie dieses Ausmaßes gab es seit jener im indischen Surat 1994 nicht mehr.
Die Schulen in Antananarivo, einer Stadt mit etwa 2,2 Millionen Einwohnern, und anderen Orten sind diese Woche gespenstisch leer, an der Universität fiel der Unterricht aus. „Die Universität ist komplett verwaist“, sagt Studentin Antsa Randriamanalina.
Madagaskars Präsident Hery Rajaonarimampianina zeigte sich zuversichtlich. „Wir befinden uns in einem Krieg, aber heute haben wir, glaube ich, die Waffen und die Munition, diese Epidemie zu besiegen“, sagte er bei der Übergabe von Hilfsmitteln durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Diese hat knapp 1,5 Millionen Dosen Antibiotika geschickt. Damit könnten bis zu 5000 Erkrankte behandelt werden und 100 000 Menschen Prophylaxe bekommen. „Je schneller wir handeln, desto mehr Leben retten wir“, sagte die WHO-Chefin in Madagaskar, Charlotte Ndiaye.
Verursacher der Pest ist das Bakterium Yersinia pestis. Der Erreger wird meist von Flöhen übertragen, die sich Ratten als Wirte nehmen. Wird ein Mensch von einem infizierten Floh gebissen, zeigen sich nach bis zu sieben Tagen Symptome
„Je schneller wir handeln, desto mehr
Leben retten wir.“
Charlotte Ndiaye
Weltgesundheitsorganisations-Chefin
in Madagaskar
wie bei einer schweren Grippe. Bei früher Diagnose sind die Heilungschancen durch Antibiotika sehr hoch. Im fortgeschrittenen Stadium kann eine Beulenpest zur sehr gefährlichen Lungenpest führen. Diese wird durch Tröpfchen übertragen, ähnlich wie eine Grippe, und kann sich schnell ausbreiten. Sie hat teils eine Inkubationszeit von nur 24 Stunden und führt unbehandelt schnell zum Tod.
Kaum eine andere Seuche hat in der Geschichte so viel Angst und Schrecken verbreitet wie die Pest: Zwischen 1347 und 1353 raffte der Schwarze Tod in Europa zig Millionen Menschen dahin. Damals soll etwa ein Drittel der Bevölkerung gestorben sein. „Das beunruhigendste Szenario wäre, wenn die Lungenpest eine der Städte auf dem afrikanischen Festland erreichen würde, die direkte Flugverbindungen nach Madagaskar haben“, sagt Pen Payton, Afrika-Experte bei der Risikoberatung Verisk Maplecroft.
Die jetzige Epidemie trifft in Antananarivo vor allem Armenviertel. Sie sind vielerorts voll mit Müll, so dass Ratten ideale Bedingungen haben, weswegen es immer wieder Fälle der Beulenpest gibt. Madagaskar mit rund 25 Millionen Einwohner ist seit Jahren das Land mit den weltweit meisten gemeldeten Pest-Erkrankungen. Wird aus einem Dorf ein Fall gemeldet, rücken die Gesundheitsbehörden an, um gegen Ratten vorzugehen, Häuser zu desinfizieren und mit Insektizid einzusprühen. Nahe Angehörige müssen vorsorglich Antibiotika nehmen. Pest-Tote werden mit Chlorlösung gewaschen und mit Kalk eingerieben, denn selbst sie können die Infektion weitergeben. Bestattungsrituale wie die sonst übliche mehrtägige Totenwache sind bei Pest verboten. Die Leichen werden weit weg von Friedhöfen begraben.