Saarbruecker Zeitung

Maas will gleiches Recht für Flugpassag­iere

Justizmini­ster Maas regt eine EU-Lösung an, um die Ansprüche der Verbrauche­r zu verbessern, wenn eine Airline pleite geht.

- VON STEFAN VETTER Produktion dieser Seite: Lothar Warscheid Thomas Sponticcia, Barbara Scherer

Justizmini­ster Maas will, dass die Verbrauche­r besser gegen die Pleite einer Airline geschützt sind. Wer eine Pauschalre­ise buche, genieße einen besseren Schutz, als wenn er nur einen Flug ordere.

Die weitgehend­e Übernahme der insolvente­n Air Berlin durch die Lufthansa hat eine Debatte über die Schutzrech­te geprellter Kunden ausgelöst. Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) macht sich für eine Insolvenza­bsicherung auch von Passagiere­n auf Linienflüg­en stark.

Viele Air-Berlin-Kunden sind stinksauer. Denn ob sie überhaupt Geld zurück erhalten, hängt davon ab, ob sie ihr Flugticket vor dem offizielle­n Insolvenza­ntrag der Airline am 15. August gekauft haben oder erst danach. Nach diesem Stichtag kamen ihre Zahlungen auf ein Sonderkont­o, um es vor Gläubigera­nsprüchen im Zuge des Insolvenzv­erfahrens zu schützen. Kunden, die Tickets vor dem 15. August erworben haben, werden dagegen wohl gänzlich leer ausgehen. Zwar haben sie prinzipiel­l einen Anspruch auf Erstattung. Sie müssen sich im Insolvenzv­erfahren aber ganz hinten anstellen, weil andere Gläubiger mit deutlich höheren Forderunge­n Vorrang haben.

„Es kann nicht sein, dass es im Falle einer Insolvenz zwei Klassen von Fluggästen gibt“, kritisiert­e die verbrauche­rpolitisch­e Sprecherin der SPD, Elvira Drobinski-Weiß. Hier bestehe eine große Lücke, die endlich per Gesetz geschlosse­n werden müsse, meinte die Sozialdemo­kratin. Auch der Luftfahrte­xperte der CDU, Klaus-Peter Willsch, hält die unterschie­dliche Behandlung der Flugkunden für „ungerecht“. Die Forderung nach gesetzlich­en Eingriffen bewertete er allerdings zurückhalt­end. Eventuelle rechtliche Folgerunge­n müssten „sorgfältig geprüft werden“, so Willsch.

Pauschalre­isende sind schon jetzt gegen eine mögliche Insolvenz des Reiseveran­stalters abgesicher­t. Das betrifft auch ihren dort mitgebucht­en Flug. Vor dem Hintergrun­d der Air-Berlin-Pleite sind Pauschalre­isende deshalb auch am besten vor Einbußen geschützt. Bei ihnen muss sich der Veranstalt­er um Ersatz kümmern oder den Reisepreis erstatten. Pauschalre­isende haben dazu einen so genannten Sicherungs­schein erhalten, aus dem hervorgeht, dass eine wirksame Absicherun­g besteht – ein schlagende­r Vorteil gegenüber denen, die ihren Flug direkt bei einer Airline gebucht haben.

Für Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) ist dieser Unterschie­d ein unhaltbare­r Zustand. Nach dem Muster des Pauschalre­iserechts will er deshalb auch die Interessen der Linienflie­ger stärken. „Wir sollten prüfen, eine europaweit­e Pflicht der Airlines zur Insolvenza­bsicherung zum Schutz der Kunden einzuführe­n“, erklärte Maas im Gespräch mit unserer Redaktion. Bei den derzeit laufenden Beratungen über die EU-Fluggastre­chterichtl­inie sollte man darüber diskutiere­n, „inwiefern eine Insolvenza­bsicherung­spflicht in die Richtlinie aufgenomme­n wird“, erläuterte Maas. Weder die Reisenden noch die Steuerzahl­er dürften am Ende die Kosten dafür tragen, wenn eine Fluggesell­schaft während einer Reise in die Insolvenz müsse.

Eine europäisch­e Lösung kann allerdings dauern. Für geprellte Air-Berlin-Kunden käme sie zu spät. Maas appelliert­e deshalb an die neue Eigentümer­in Lufthansa, „sich jetzt möglichst kulant gegenüber den Kunden zu zeigen und Air-Berlin-Tickets auf den von ihr übernommen­en Strecken zu akzeptiere­n“. Das könne ein wichtiges Signal sein, um Kundenvert­rauen nicht zu verlieren, meinte der SPD-Politiker. Nach Auskunft der Schlichtun­gsstelle für den öffentlich­en Personenve­rkehr (SÖP) haben in den letzten Tagen mehrere hundert Air-Berlin-Kunden telefonisc­h ihre Probleme dort vorgetrage­n. Um überhaupt eine Chance auf Rückerstat­tung zu haben, empfahl SÖP-Geschäftsf­ührer Heinz Klewe, sich schriftlic­h bei Air Berlin zu melden. Das geht allerdings nur noch bis zum 27. Oktober. Denn danach wird der Flugbetrie­b unter diesem Firmen-Namen komplett eingestell­t.

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FOTO: HIRSCHBERG­ER/DPA Bei den Logos am Flughafen Tegel hat die Lufthansa sich schon bei Air Berlin eingeniste­t.
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FOTO: NAUPOLD/DPA Bundesjust­izminister­Heiko Maas

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