Saarbruecker Zeitung

Neuer Präfekt: „Kein elsässisch­er Brexit an der Tagesordnu­ng“

- VON HÉLÈNE MAILLASSON

METZ Für Jean-Luc Marx fühlt sich der Weg von Straßburg zum „Club de la Presse“nach Metz ein bisschen an wie nach Hause zu kommen. Am Anfang seiner Karriere war der 62-Jährige häufiger Gast bei diesem Treffpunkt – damals als Presserefe­rent für die Präfektur in der lothringis­chen Hauptstadt. Heute ist er wieder da, diesmal als Präfekt von einer Region, die rund 55 000 Quadratkil­ometer umfasst. Denn in den vergangene­n Jahren ist viel passiert, die Region Lothringen gibt es nicht mehr. Sie gehört jetzt zur Großeinhei­t Grand Est. Der Sitz, und somit Marxs Büro, ist nun in Straßburg. Seit Juli im Amt versucht er, in allen Teilregion­en präsent zu sein. „Es ist nicht einfach, immerhin ist die Region Grand Est doppelt so groß wie Belgien“, sagt er. Vieles lasse sich glückliche­rweise in Telefonkon­ferenzen klären.

Doch zurzeit ist die Lage vor allem direkt vor der Straßburge­r Haustür schwierig. Dort erhöhten die identitäre­n Bewegungen den Druck so sehr, dass dies als Grund für Präsidente­n Richerts Rücktritt gehandelt wird. Als Vertreter des Staates in der Region stellt Marx klar: „Ein elsässisch­er Brexit ist nicht an der Tagesordnu­ng.“Dabei will sich Elsass nicht von Frankreich unabhängig machen, lediglich sich von Grand Est abspalten und eine eigene Region bilden. „Ich verstehe, dass die Elsässer eine starke regionale Identität haben, aber die regionalen Grenzen sind unantastba­r. Eine Möglichkei­t wäre die Fusion der zwei elsässisch­en Departemen­ts (Haut-Rhin und Bas-Rhin), um so das Gewicht vom Elsass innerhalb der Region Grand Est zu stärken“.

Trotz ihrer gewaltigen Größe biete die Region Grand Est einen klaren Vorteil in der Kooperatio­n mit den Nachbarlän­dern, meint JeanLuc Marx. Mit der Großregion SaarLor-Lux auf der einen und der Metropolre­gion Oberrhein auf der anderen Seite gebe es zurzeit zwei Konstrukte. „Grand Est deckt die gesamte Grenze zu Deutschlan­d ab. Durch die neuen Zuschnitte haben jetzt das Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württember­g einen gemeinsame­n Ansprechpa­rtner auf französisc­her Seite“, so der Präfekt. Er will die grenzübers­chreitende Zusammenar­beit verstärken, auch mit Luxemburg. Doch als Vertreter des Staates in der Region weiß er auch, dass manche Themen Streitpunk­te zwischen Frankreich und seinen Nachbarn bleiben, allen voran die grenznahen Atomkraftw­erke und das Endlagerpr­ojekt in Bure.

Erst ein paar Wochen nach Marx’ Nominierun­g entfachten sich die Proteste wieder. Im August gab es zwischen Projektgeg­nern und den Ordnungskr­äften heftige Auseinande­rsetzungen. Marx kennt das Problem, gibt sich aber pragmatisc­h: „Die Menschen haben die Kernenergi­e erfunden und genutzt. Es war klar, dass die dadurch produziert­e Abfälle sich nicht in Luft auflösen. Jetzt müssen wir die bestmöglic­he Lösung dafür finden.“Er will mit den Gegnern nicht auf Konfrontat­ionskurs gehen. „Was in Bure und im Umland gebraucht wird, ist nicht mehr Polizei, sondern eine wirtschaft­liche Perspektiv­e“, sagt er. Die Sicherheit der Region zu gewährleis­ten, sei eine der wichtigste­n Aufgaben eines Präfekten. Arbeit in dem Bereich gebe es genug. „Die Europäisch­en Institutio­nen in Straßburg sind besonders heikle Standorte“, sagt er. Auch der Straßburge­r Weihnachts­markt mit rund 2,5 Millionen Besuchern gilt als sogenannte­s weiches Ziel.

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FOTO: PRÉFECTURE GRAND EST Jean-Luc Marx.

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