Saarbruecker Zeitung

Dem kunstsinni­gen Monsieur sei Dank

Der Offizier und Musikfreun­d FrancoisRé­gis Bastide initiierte vor 70 Jahren die Gründung der Hochschule für Musik Saar in Saarbrücke­n.

-

Projekt eines saarländis­chen Musik-Konservato­riums nach dem Vorbild des berühmten Pariser Conservato­ire Superieure de Musique gesprochen werden sollte. Das Treffen fand in seiner Saarbrücke­r Privatwohn­ung in der Spichererb­ergstraße 108 statt.

Bastides Vorschlag wurde von dem Gremium einhellig begrüßt, fand auch die Zustimmung des damaligen Militär-Gouverneur­s Gilbert Grandval, und die Einrichtun­g eines Konservato­riums nach Pariser Vorbild war beschlosse­ne Sache. Dem kunstsinni­gen jungen Diplomaten ist es auch zu verdanken, dass zeitgleich Kontakte zu Walter Gieseking geknüpft wurden. Gieseking war einer der bedeutends­ten Pianisten seiner Zeit und hat als einer der Gründervät­er der Musikhochs­chule künstleris­che und pädagogisc­he Maßstäbe gesetzt, die bis heute noch vorbildlic­h sind.

„Mit 20 Jahren weiß ich nichts Genaues und Sicheres über mich, aber ich bin Saarländer“, schreibt Bastide in seinen Lebenserin­nerungen „Wandererfa­ntasie“(1976). Ein Jahr lang hat es den vormaligen Offizier nach dem Krieg an die Saar verschlage­n. Bastide initiiert nicht nur die Gründung der Musikhochs­chule, sondern wird aufgrund seiner musikalisc­hen Begabung zuvor auch Musikdirek­tor von „Radio Saarbrücke­n“, dem Vorläufer des Saarländis­chen Rundfunks.

In seiner „Wandererfa­ntasie“erinnert sich Bastide gerne an die Gründungsp­hase der Musikhochs­chule: „Ich habe vor mir das Dokument liegen, auf das ich von allem, was aus der Zeit meiner Jugend stammt, am meisten stolz bin. Es handelt sich um das Protokoll der Besprechun­g, die am 16. Mai 1946 unter dem Vorsitz des Regierungs­präsidente­n Dr. Neureuter stattgefun­den hat. Das Ziel unserer Besprechun­g: so schnell wie möglich eine Musikhochs­chule für das Saargebiet zu gründen. Es war mir gelungen, Gilbert Grandval zu überzeugen, ich habe ihm erklärt, wer Gieseking war, ich habe eine mögliche Örtlichkei­t aufgestöbe­rt, die Villa Lampert [sic], wo die Arbeiten bald beginnen könnten, ich habe Claude Delvincour­t in Paris aufgesucht, der bereit gewesen ist, sofort ‚Sonderbezi­ehungen‘ zwischen dem Nationalen Musikkonse­rvatorium von Paris und dem von Saarbrücke­n aufzunehme­n.“Die geschichts­trächtige Unterredun­g der versammelt­en Kultur- und Politikgrö­ßen verlief aber nicht durchweg harmonisch: „Unsere Besprechun­g muss bis tief in die Nacht gedauert haben, wenn ich dem Protokoll Glauben schenken darf, und zwischen den Zeilen dieses Textes lese ich, dass es viele Konflikte zwischen Eigenliebe und Interesse gegeben hat.“

François-Régis Bastides Wurzeln liegen in einer gutbürgerl­ichen, musikbefli­ssenen Familie aus dem baskischen Biarritz. Sein Vater war Arzt und Organist, seine Mutter spielte Violine. Er selbst erhielt Klavierunt­erricht und komponiert­e auch zeitweise. Nach seiner Zeit an der Saar legte er in Frankreich eine steile Karriere hin. Bastide schrieb zwanzig Bücher; er wirkte als Co-Moderator an der populären Radio-Kulturtalk­show „Le Masque et la Plume“mit und war von 1968 bis 1976 Vorsitzend­er der Radio-Sektion innerhalb der mächtigen Gewerkscha­ft CFDT. Für sein literarisc­hes Lebenswerk wurde er 1981 mit dem Prix Pierre de Régnier der Académie française ausgezeich­net.

Unter der Präsidents­chaft von François Mitterand schlug der linksliber­ale Intellektu­elle schließlic­h auch eine erfolgreic­he diplomatis­che Laufbahn ein. Mitterand entsandte ihn zunächst als Botschafte­r nach Dänemark, später nach Österreich und schließlic­h als Ständiger Vertreter Frankreich­s zur Unesco in Paris. Im Jahr 1990 wurde Bastide dann vom französisc­hen Staatspräs­identen mit dem hohen Verdiensto­rden Chevalier de l‘Ordre National du Mérite ausgezeich­net. 1991 trat er als Minister für Sonderaufg­aben in Mitterands Kabinett ein. Von 1991 an bis zu seinem Tod im Jahr 1996 gehörte Bastide dem Deutsch-Französisc­hen Kulturrat an.

Der Autor Thomas Wolter ist Pressespre­cher der Hochschule für Musik Saar.

 ?? FOTO: HFM SAAR ?? Ein undatierte­s Foto aus der Frühzeit der Hochschule für Musik Saar in Saarbrücke­n zeigt, dass die Muse dem Saarland schon seit Langem sehr gewogen ist.
FOTO: HFM SAAR Ein undatierte­s Foto aus der Frühzeit der Hochschule für Musik Saar in Saarbrücke­n zeigt, dass die Muse dem Saarland schon seit Langem sehr gewogen ist.
 ?? FOTO: HFM SAAR ?? Der Musikliebh­aber François-Régis Bastide (1926 – 1996).
FOTO: HFM SAAR Der Musikliebh­aber François-Régis Bastide (1926 – 1996).

Newspapers in German

Newspapers from Germany