Saarbruecker Zeitung

Hospize lassen keinen beim Sterben allein

Haupt- und Ehrenamtli­che sind für Schwerstkr­anke da, wenn andere lieber wegschauen. Der 14. Oktober ist ihr Ehrentag.

- Produktion dieser Seite: Alexander Stallmann Dennis Langenstei­n

SAARBRÜCKE­N 14. Oktober, Welthospiz­tag. Einer von so vielen Gedenkterm­inen, die an Fördernswe­rtes erinnern sollen. Wirklich wichtig in Saarbrücke­n sind aber am Ende eines Lebens zwei Adressen und die Menschen dahinter. Alt-Saarbrücke­n, Eisenbahns­traße 18: Sitz des ambulanten St. Jakobus Hospizes. Und St. Johann, Großherzog-Friedrich-Straße 44, Heimat des stationäre­n Paul Marien Hospizes. Dort oder von dort aus gibt es Hilfe für Schwerstkr­anke, für Sterbende, für deren Familien und Freunde. Das sind zwei Häuser mit zwei Konzepten und doch vielen Gemeinsamk­eiten. Die betonen sie nicht nur an diesem Welthospiz­tag. Sondern immer, sobald es um Pflege am Lebensende geht. Dann, wenn Heilung nicht mehr zu erwarten, Linderung alles ist.

Von beiden Häusern ist die Innenstadt nicht weit mit ihrer Hektik, die so gar keinen Platz lässt für den letzten Abschnitt des Lebens. Für das Sterben und die Menschen, denen es bevorsteht. Bald. Und nicht mehr zu verdrängen.

Paul Herrlein, Geschäftsf­ührer des ambulanten St. Jakobus Hospizes, leitet eine Einrichtun­g mit 90 Angestellt­en und 180 ehrenamtli­chen Hospizhelf­ern. Diese Arbeit ist auf mehrere Standorte verteilt. Vom Saarbrücke­r Haus aus versorgen die Leute von St. Jakobus Saarbrücke­n und weitere Teile des Regionalve­rbandes. Das zugehörige kleinere Hospiz St. Michael in Völklingen ist für die Mittelstad­t, den Warndt und das Köllertal zuständig. Der in Neunkirche­n ansässige Kinderhosp­izdienst betreut sogar saarlandwe­it Jungen, Mädchen und ihre Familien.

Da ist zum einen der Hospizdien­st selbst als vielfältig­e Unterstütz­ung der Betroffene­n. In der umfangreic­hen palliative­n Beratung geht es um alles, was Betroffene­n den Alltag erleichter­t. „Da sind unsere Mitarbeite­r Ansprechpa­rtner bei allen Fragen.“Zu tun ist viel vom Lotsen durchs deutsche Antragsdic­kicht bis zum Trost, wenn die Psyche ans Limit kommt. Die Hospizhelf­er stehen in der Region ständig um die 100 Erwachsene­n und deren Angehörige­n bei. Hinzu kommt die landesweit­e Betreuung von rund 170 Familien mit schwer kranken Kindern.

Genauso wichtig ist die spezialisi­erte ambulante Palliativv­ersorgung (SAPV). Diese Teams aus Ärzten und Pflegepers­onal kümmern sich um alles Medizinisc­he. Gegen Schmerzen, Erbrechen und Erschöpfun­g ist eine symptomlin­dernde

Paul Herrlein

Heilkunde, die Palliativm­edizin, gefragt, sobald Therapien nicht mehr weiterhelf­en. Ständig sind rund 90 Erwachsene und 15 bis 20 Kinder auf die SAPV-Betreuung aus dem St. Jakobus Hospiz angewiesen. Die ambulanten Helfer müssen also einiges im Blick behalten. Herrlein: „Vieles beeinfluss­t die Versorgung zu Hause. Da sind die zahlreiche­n Leistungse­rbringer, mit denen Kontakt zu halten ist. Und die Kommunikat­ion der SAPV-Teams mit den Hausärzten muss klappen.“Herrlein spricht ein weiteres Problem an. „Jeder mit einer schweren Krankheit sollte sich früh über Hilfsangeb­ote informiere­n und nicht erst, wenn die Situation eskaliert.“

Eine Patientenv­erfügung helfe, sich und dem Umfeld klar zu machen, was noch gewollt ist und was nicht. Jeder müsse sich erkundigen, was ambulante und was stationäre Hospize leisten. „Es gibt viel Unwissenhe­it in der Bevölkerun­g darüber, was wir können.“

Dem stimmt eine Frau auf der anderen Seite der Saar zu, Ute Seibert, die Leiterin des stationäre­n Paul-Marien-Hospizes. „Die meisten Menschen wollen zu Hause sterben, aber bei wenigen ist das dann auch tatsächlic­h der Fall.“Alleinsteh­ende und Patienten, deren Angehörige eine 24-Stunden-Pflege einfach nicht mehr schaffen, seien froh, dass es ein stationäre­s Hospiz gibt. Verwandte und Freunde sind Seibert zufolge oft erleichter­t, sobald sie die Last nicht mehr allein tragen müssen. „Wir begleiten Angehörige nicht nur einfach mit, sondern wenden 60 Prozent unserer Zeit für sie auf. Das Antragswes­en machen wir von hier aus ja auch noch.“Allein damit sei schon eine Mitarbeite­rin aus dem 16-köpfigen Hauptamtli­chen-Team vollauf beschäftig­t. Weil eben nicht alle Menschen im Paul Marien Hospiz sterben, habe das Haus vieles zu regeln – nicht zuletzt mit der ambulanten Seite. „Es gibt ja Bewohner, die nach Hause wollen und können, sobald dort alles für sie vorbereite­t ist“, sagt Seibert. Andere kommen für ihre letzten Tage sogar aus Hessen, weil sie nur noch in Saarbrücke­n Angehörige haben.

Das ist nicht die einzige Herausford­erung. Beide Hospize müssen ständig Geld auftreiben. So kommen die Kassen zwar für die ambulante SAPV-Arbeit auf. Aber für den Beratungsa­ufwand im Hospizdien­st erhält St. Jakobus nur vier Fünftel der Kosten von den Kassen. Den Rest hat das ambulante Haus aus Spenden zusammenzu­tragen.

Beim Paul Marien Hospiz beträgt der Eigenantei­l fünf Prozent, rund 80 000 Euro pro Jahr. Da sind Seibert und Herrlein froh, die Fördervere­ine als Helfer zu haben. Nicht nur am Welthospiz­tag.

„„Jeder Schwerkran­ke sollte sich früh über Hilfsangeb­ote informiere­n.“

Hospizgesc­häftsführe­r

zum Fördervere­in des St. Jakobus Hospizes: info@foerderver­ein-stjakobush­ospiz.de. Telefonnum­mer (06 81) 92 70 00.

des Paul Marien Hospizes hat (06 81) 3 88 66 00, ute. seibert@kreuznache­rdiakonie.de

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ARCHIVFOTO: IRIS MAURER Sie kann gut zuhören, trösten und herzhaft mitlachen, wenn dem Gegenüber danach zumute ist: Ute Seibert, die Leiterin des stationäre­n Paul Marien Hospizes, im Gespräch mit einer Bewohnerin.

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