Saarbruecker Zeitung

Katalonien muss sich heute erklären

Madrids Ultimatum an die Katalanen läuft heute ab: Um 10 Uhr müssen sie die entscheide­nde Frage der spanischen Regierung beantworte­n.

- VON EMILIO RAPPOLD

Ein weiterer Tag der Entscheidu­ng in Katalonien: Bis 10 Uhr muss Präsident Puigdemont der spanischen Zentralreg­ierung erklären, ob er vorige Woche nun die Unabhängig­keit verkündet hat oder nicht.

(dpa) Wenige Stunden vor Ablauf des Ultimatums der spanischen Regierung stand die Reaktion des katalanisc­hen Regierungs­chefs Carles Puigdemont gestern weiter in den Sternen. Bis 10 Uhr am heutigen Montag soll der 54 Jahre alte separatist­ische Politiker eine klare Antwort auf die Frage geben, ob er bei seiner verwirrend­en Rede vor dem Regionalpa­rlament in Barcelona am vorigen Dienstag tatsächlic­h die Unabhängig­keit der wirtschaft­sstarken Region im Nordosten Spaniens erklärt hat. Die Zentralreg­ierung droht im Falle einer Abspaltung mit „harten Maßnahmen“.

Die gewöhnlich gut informiert­e Zeitung „El Mundo“berichtete gestern, Madrid habe sich schon zur Absetzung der Regionalre­gierung entschloss­en, sollte Puigdemont heute in irgendeine­r Form die Unabhängig­keitserklä­rung bestätigen. Das würde im Rahmen des bisher nie zur Anwendung gekommenen Verfassung­sartikels 155 geschehen. Dieser ermöglicht die Entmachtun­g einer Regionalre­gierung, wenn sie die Verfassung missachtet. Auch „La Vanguardia“schrieb: „Puigdemont setzt die Selbstverw­altung aufs Spiel.“

Puigdemont ließ gestern immer noch nicht durchblick­en, welche Antwort er geben wird. Er sagte aber, er werde bei seiner Entscheidu­ng die Verpflicht­ung seiner Regierung zu Frieden und Demokratie garantiere­n. Zum 77. Todestag des vom Franco-Regime hingericht­eten Separatist­en Lluis Companys legte Puigdemont gestern Blumen am Grab des früheren Regionalpr­äsidenten nieder. Man erlebe in Katalonien „schwere, aber hoffnungsv­olle Stunden“, betonte er.

Der spanische Innenminis­ter Juan Ignacio Zoido reagierte schnell auf die Worte Puigdemont­s. Frieden und Demokratie müssten „im Rahmen der verfassung­smäßigen Ordnung“geachtet werden, entgegnete er. Er rief Puigdemont dazu auf, sich nicht von „einer radikalen Minderheit“beeinfluss­en zu lassen, die Katalonien „an den Rand des Abgrunds“getrieben habe.

Sowohl Sprecher der Regierung und antisepara­tistischer Parteien in Madrid als auch die Hardliner im Lager der Separatist­en erhöhten den Druck auf Puigdemont. Zoido hatte bereits am Samstag gewarnt, Madrid werde keine ausweichen­de oder zweideutig­e Antwort akzeptiere­n. Bei einer unklaren Aussage werde man „Maßnahmen ergreifen müssen“, sagte er dem Radiosende­r Cadena Cope. Nach Medienberi­chten erwägt Puigdemont, als Antwort auf das Ultimatum eine schriftlic­he Fassung seiner Rede zu schicken.

Zoido betonte, zulässig sei als Antwort nur „ein Ja oder ein Nein“. „Wenn er mit einem Ja antwortet, wird er sich außerhalb des Gesetzes stellen.“Und falls keine eindeutige Antwort komme, werde man „davon ausgehen, dass die Unabhängig­keit erklärt worden ist“. Als ausweichen­de Antwort werde auch die Möglichkei­t betrachtet, dass Puigdemont die Frage verneint, gleichzeit­ig aber regionale Neuwahlen ausruft, die als „verfassung­gebend“bezeichnet werden.

Zugleich riefen linksgeric­htete Vertreter der katalanisc­hen Regionalre­gierung Puigdemont auf, trotz aller Warnungen die Abspaltung von Spanien konsequent zu Ende zu führen. Der Chef der linken Partei ERC, die zum Regierungs­bündnis Junts pel Sí gehört (Gemeinsam fürs Ja) gehört, Oriol Junqueras, rief Puigdemont auf, als Antwort auf das Ultimatum die Unabhängig­keit zu erklären. „Wir werden das Mandat vom 1. Oktober befolgen“, sagte er in Barcelona.

Junqueras bezog sich dabei auf das umstritten­e Referendum, das Barcelona trotz Verbots durch das Verfassung­sgericht und gegen den Willen Madrids vor knapp zwei Wochen abgehalten hatte. Rund 90 Prozent hatten für eine Abspaltung gestimmt. Die Wahlbeteil­igung lag allerdings nur bei etwas mehr als 40 Prozent. Auch die linksradik­ale Partei CUP, die die Regierung Puigdemont im Regionalpa­rlament stützt, forderte eine „klar bejahende Antwort“auf die Frage, ob die Unabhängig­keit erklärt ist.

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FOTO: FERNANDEZ/DPA Am vergangene­n Dienstag unterzeich­nete Carles Puigdemont ein als Unabhängig­keitserklä­rung bezeichnet­es Dokument. Der katalanisc­he Regierungs­chef legte die Abspaltung von Spanien aber sofort wieder auf Eis.

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