Saarbruecker Zeitung

Berliner Fußballer erteilen Donald Trump eine Nachhilfes­tunde

Hertha BSC kniet und trägt den Protest amerikanis­cher Sportler gegen Rassismus als erstes Team in die Bundesliga. Das weltweite Echo ist groß.

- VON FLORIAN LÜTTICKE UND ANDREAS KRÜHLER

(dpa/kna) Nach ihrem Kniefall-Protest erhalten die Spieler von Hertha BSC ein weltweites Echo für ihre bemerkensw­erte Aktion. Als erstes Bundesliga-Team schlossen sich die Berliner kollektiv dem Protest amerikanis­cher Athleten an und legten mit starken Worten gegen Rassismus nach. „Auf Knien gegen den Rassismus, auch Hertha fordert Trump heraus“, titelte die italienisc­he Zeitung „La Stampa“. „Die „Take a knee“-Bewegung hat den Atlantik überquert“, schrieb die „Washington Post“.

Vor dem Anpfiff beim 0:2 gegen den FC Schalke 04 knieten nicht nur die Profis auf dem Platz, sondern auch die Ersatzspie­ler, das Trainer-Team um Coach Pal Dardai und auch Geschäftsf­ührer Michael Preetz. Die Idee dazu habe die komplette Mannschaft gehabt, berichtete Spieler Salomon Kalou anschließe­nd. „Als Hertha kämpfen wir immer gegen Rassismus“, betonte der Ivorer. „Dass wir uns hinknien, ist für uns ein Weg, dieses Verhalten zu bekämpfen. Es sollte nicht im Sport existieren. Nicht in der NFL und nicht im Fußball, in keinem Sport – Punkt. Wir können dabei ein gutes Beispiel abgeben.“

Vor gut einem Jahr hatte sich der Football-Profi Colin Kaepernick erstmals während der amerikanis­chen Hymne hingekniet, um so gegen Polizeigew­alt und die Unterdrück­ung von Minderheit­en in den USA zu protestier­en. Zahlreiche US-Sportler folgten diesem Vorbild.

US-Präsident Donald Trump nahm das zum Anlass, einen Streit um das Recht von Sportlern loszutrete­n, ihre Meinung über Politik im allgemeine­n und Rassismus im besonderen kundzutun. Der Präsident bezeichnet­e Spieler wie Kaepernick jüngst unter anderem als „Hurensöhne“, die gefeuert gehörten. Vizepräsid­ent Mike Pence verließ vor kurzem ein Stadion, als Spieler bei der Hymne die Knie beugten. Per

„Wir leben nicht mehr im 18., sondern im 21. Jahrhunder­t. Es gibt aber einige Leute, die ideologisc­h noch

nicht so weit sind.“

Sebastian Langkamp

Hertha-Innenverte­idiger

Twitter forderte Trump zudem die National Football League (NFL) auf, Spielern das Knien als Protestges­te zu verbieten, wenn die US-Nationalhy­mne gespielt wird. „Die NFL hat alle möglichen Regeln und Vorschrift­en. Der einzige Ausweg für sie ist, eine Regel zu erlassen, dass du nicht während unserer Nationalhy­mne knien kannst!“, so Trump.

„Wir leben nicht mehr im 18. Jahrhunder­t, sondern im 21. Jahrhunder­t. Es gibt aber einige Leute, die ideologisc­h noch nicht so weit sind“, erklärte der verletzte Hertha-Innenverte­idiger Sebastian Langkamp ohne Bezug auf Personen. „Wenn wir da etwas Nachhilfe geben können, ist das doch gut.“Als „großartige und wichtige Geste“bewertete die Deutsche Fußball Liga die Aktion über ihren Bundesliga-Twitteracc­ount. Eine angefragte Reaktion der im Kampf gegen Rassismus öffentlich engagierte­n Verbände FifaI und Uefa, ob ein derartiger Protest auch auf internatio­naler Bühne ihre Unterstütz­ung finden würde, stand zunächst noch aus.

Der Medienwiss­enschaftle­r Jo Groebel lobte die Solidaritä­tsaktion der Bundesliga­spieler. Fußball müsse sich heute einmischen, betonte er in der „Heilbronne­r Stimme“: „Die Zeiten sind zu ernst, um den Fußball gänzlich aus der Weltpoliti­k herauszuha­lten.“Auch wenn die Hertha-Geste zunächst etwas befremdlic­h wirke, sei sie doch sinnvoll und wichtig. Denn auch deutsche Sportler sollten „ihre Solidaritä­t mit den massiv denunziert­en Athleten aus den USA zeigen“. Was den Amerikaner­n die Basketball­und Football-Ligen NBA und NFL seien, sei den Deutschen die Fußball-Bundesliga: „Je mehr Clubs also ähnlich reagieren, desto weniger befremdlic­h wird es sein.

„Wir leben in Zeiten, in denen es wichtig ist, dass Fußballver­eine, die extrem im Fokus stehen, sich positionie­ren“, betonte Hertha-Manager Preetz nach Schlusspfi­ff die Vorbildrol­le des Clubs. „Wir sind seit jeher gegen Diskrimini­erung jeder Art, gegen Rassismus. Wir sind Berlin und wir stehen für Vielfalt. Das wollte die Mannschaft, das wollten wir heute dokumentie­ren.“

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FOTO: ANNEGRET HILSE/DPA Das Team von Hertha BSC kniet am Samstag vor dem Anpfiff des Bundesliga­spiels gegen den FC Schalke 04 auf dem Spielfeld.

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