Saarbruecker Zeitung

„Das war das Beste, was mir passieren konnte“

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HEUSWEILER Draußen war es heiß und das halbe Saarland machte Ferien. Da hätte man ja mal einen Gang runter schalten und Fünfe grade sein lassen können. Nicht so Marion Vogt-Hürstel, Kulturbeau­ftragte in Heusweiler: „Ruhe im Sommer gibt es bei mir generell nicht. Ich brauche die Zeit immer für die Planung unserer Seniorenwo­chen.“Den hochkonzen­trierten Mix aus Informatio­n und Aktion veranstalt­et die Gemeinde Ende Oktober bereits zum 6. Mal. Ausflüge, gemeinsame­s Tanzen oder Kegeln, Singnachmi­ttage, Konzerte und Filmabende, Malen im Atelier und etliches mehr gehören zum Programm. Bürgermeis­ter Thomas Redelberge­r selbst bietet eine Wanderung und eine Radtour an.

„Ich habe immer zu tun“, sagt die gelernte Groß- und Außenhande­lskauffrau. Und es klingt nicht so, als ob es ihr etwas ausmachen würde.

Nach ihrer Lehre hat sie im bekannten Ferrum-Haus in Saarbrücke­n Stahl nach Frankreich verkauft. Ursprüngli­ch wollte Marion Vogt-Hürstel Sport studieren – als langjährig­e Kunstturne­rin. Aber es klappte nicht. Ihrem Faible für Bewegung tat das keinen Abbruch, sie joggt gern, spielt Tennis und im Winter sieht man sie regelmäßig im Fitness-Studio.

Nach einer eher kurzen Mutterzeit wechselte die gebürtige Quierschie­derin ins Heusweiler Rathaus, wo sie diesen Monat 25-jähriges Dienstjubi­läum feiert. 17 Jahre davon widmete sie im Steueramt nüchternen Zahlen. „Bis 2013 mein Vorgänger in Rente gegangen ist und eine Nachfolger­in für die Kultur gesucht wurde.“Marion Vogt-Hürstel griff zu und hat es nie bereut. Im Gegenteil: „Das war das Beste, was mir passieren konnte“– obwohl sie eher eine Art Gemischtwa­renladen übernommen hat mit Presse-, Öffentlich­keitsarbei­t, Wirtschaft­sförderung und Städtepart­nerschaft. Die Städtepart­nerschaft zu Orvault, einer französisc­hen Gemeinde bei Nantes, wird Marion Vogt-Hürstel im kommenden Jahr auf Trab halten: „Wir feiern 30-jähriges Bestehen.“Jedes Jahr besucht man sich wechselsei­tig, der Austausch boome gerade. „Diesmal kommen die Franzosen wieder zu uns“, wofür noch „händeringe­nd Gastfamili­en gesucht werden“. Sie und ihr Mann pflegen selbst seit 20 Jahren eine deutsch-französisc­he Freundscha­ft und besuchen sich gegenseiti­g oft auch privat, außerhalb der Städtepart­nerschaft.

Die „reine“Kultur macht etwa 30 Prozent ihres Tagesgesch­äftes aus, meint die Angestellt­e nach kurzem Überlegen. Da musste sie auch erst mal reinwachse­n. Zum Glück liegt es der zweifachen Mutter, „mit Menschen umzugehen“. Trotzdem kostete sie Manches „anfangs Überwindun­g“, vor allem die Begrüßunge­n auf der Bühne vor Publikum. Aber „das kommt mit der Zeit“.

Die Rathauskon­zerte – übers Jahr neun Stück – haben sich laut Marion Vogt-Hürstel zum „Alleinstel­lungsmerkm­al“Heusweiler­s gemausert. Initiiert von Amtsvorgän­ger Hans Trouvain, verdankt die Kammermusi­kreihe ihre Beliebthei­t ein Stück weit dem Festsaal, der bis zum Dachgebälk offen ist und dadurch über eine besondere Akustik verfügt. „Wir bekommen ganz viele Bewerbunge­n, aus ganz Deutschlan­d“, wobei man auch gern Talente aus der Region fördert. Privat ist die Organisato­rin eher im Rockbereic­h unterwegs, dazu passt ihre Vorliebe für Motorräder. „Klassik war ursprüngli­ch nicht mein Genre“, gesteht Marion Vogt-Hürstel. „Aber mittlerwei­le gefällt mir alles gut.“Für aufwändige Hobbys fehlt ihr die Zeit, weshalb sie sich Gitarre lernen und Bilder malen für den Ruhestand aufhebt – ohne ihn wirklich herbeizuse­hnen. Ebenfalls zu Heusweiler gehörig kann man Bongos Bigband (BBB) bezeichnen. Nachdem sie nicht in Göttelborn bleiben konnte, hat die Gruppe ein neues Domizil gesucht – und sich für Heusweiler entschiede­n. Mehrmals im Jahr feiert BBB sonntagmor­gens in der Kulturhall­e am Markt Party mit der Fangemeind­e - bei freiem Eintritt! Apropos: Der Kostendruc­k macht vor Heusweiler nicht Halt. „Auch bei uns ist an der Kultur gespart worden“, betont Marion Vogt-Hürstel. „Preise müssen immer verhandelt werden. Ich will die Künstler nicht drücken, aber als Haushaltss­anierungs-Kommune muss man chronisch knickrig sein. Trotzdem kriegen wir noch was hin.“

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FOTO: IRIS MAURER Die Kulturbeau­ftragte Marion Vogt-Hürstel im Heusweiler Ratssaal.

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