Verkehrschaos rund um Saarbrücken
Massen-Karambolage auf der A 623 sowie ein Lebensmüder auf der Fechinger A6-Talbrücke bringen den Verkehr zum Erliegen.
Kilometerlange Staus haben gestern den ganzen Tag über das Verkehrsbild rund um Saarbrücken geprägt und Autofahrer auf eine Geduldsprobe gestellt. Zunächst brannten bei einer Massen-Karambolage mit zehn Fahrzeugen im Berufsverkehr auf der A 623 (Foto links) zwei Autos aus. Dann wollte sich ein Lebensmüder von der Fechinger Talbrücke stürzen. Die A 6 wurde gesperrt, es bildete sich ein Rückstau bis in die Saarbrücker City (Foto rechts). Bis in den Abend hinein hielten Polizeieinsatz und Sperrung an.
Autofahrer haben gestern rund um und in Saarbrücken Nerven wie Drahtseile gebraucht: Ab 11.30 Uhr war die Fechinger Talbrücke an der A6 komplett gesperrt. Ein Lebensmüder wollte sich dort zu Tode stürzen. Das Spezialeinsatzkommando SEK der Polizei kam zum Einsatz, um den Mann von seinem Vorhaben abzubringen. Das gelang den Einsatzkräften über Stunden nicht. Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe war die Situation um den „Mann in einer psychischen Ausnahmelage“weiter angespannt. Erst am späten Nachmittag konnte zumindest eine Fahrspur Richtung Saarbrücken wieder geöffnet werden, während die Vollsperrung Richtung St. Ingbert ab Abfahrt Güdingen aufrecht gehalten wurde.
Es bildeten sich kilometerlange Staus, die auch den Saarbrücker Innenstadtverkehr schwer beeinträchtigten. Ortskundige suchten nach Schleichwegen, die dann ebenfalls rasch verstopft waren. Die Saarbrücker Berufsfeuerwehr richtete unter der Leitung von Feuerwehrchef Josef Schun einen „Kleinen Krisenstab“zusammen mit der Einsatzleitung des Rettungsdienstes (vertreten durch das Rote Kreuz Saarland) ein. „Der Malteser Hilfsdienst hat im Stau stehende Autofahrer ab 16 Uhr mit Getränken, Lebensmitteln und Babynahrung versorgt“, sagte Schun der SZ. Was die Lage auf der Umleitung ab St. Ingbert-West noch schwieriger machte: Die Flughafenstraße über den Staffelberg ist infolge von Bauarbeiten gesperrt. Die Verkehrsteilnehmer mussten sich Wege über Ommersheim, Eschringen, Fechingen und Brebach suchen, um nach Saarbrücken zu kommen. Der Weg von Homburg nach Saarbrücken dauerte dadurch laut Zeugenberichten zwei Stunden
Der Dienstag hatte bereits chaotisch begonnen. Um 7.35 Uhr waren im morgendlichen Berufsverkehr auf der A623 zwischen Herrensohr und Ludwigsberg gleich zehn Autos ineinander gekracht. Eine Peugeot-Fahrerin hatte abbremsen müssen, alle nachfolgenden Autofahrer reagierten zu spät und produzierten eine Massen-Karambolage. „Es herrschte kein Nebel zu der Zeit“, sagte ein Sprecher der Polizei-Inspektion Sulzbach. Das letzte Auto der Zehner-Gruppe, ein Renault Clio, fing nach dem Zusammenstoß sofort an zu brennen. Auch der Wagen davor, ein Mercedes-Geländewagen, fing dabei Feuer und brannte vollständig aus. Zum Glück wurden bei der Karambolage fünf Menschen nur leicht verletzt. Die Unfallursache wird noch von Sachverständigen zu klären sein, teilte die Polizei mit.
Der Unfall löste ein Verkehrschaos aus. Da die A623 bis etwa 11.45 Uhr teilweise voll gesperrt war, um die Rettungs- und Aufräumarbeiten
„Der Malteser Hilfsdienst hat im Stau stehende Autofahrer ab 16 Uhr mit Getränken,
Lebensmitteln und Babynahrung versorgt.“Josef Schun, Saarbrücker Feuerwehrchef
zu ermöglichen, wurde der Verkehr in Dudweiler-Herrensohr abgeleitet. Diejenigen Autofahrer, die sich entschieden, über die parallel zur A623 verlaufende L127 zwischen Fischbach und Saarbrücken-Rußhütte auszuweichen, standen dann zwei Stunden im Stau, wie SZ-Leser berichteten. Denn die Ampel am Ende der Fischbachtalstraße an der Einmündung auf den Ludwigsbergkreisel in Saarbrücken lief trotz der geänderten Verkehrsbedingungen auf „Normalbetrieb“. Das heißt: Pro Grün-Phase schaffen es gerade mal fünf Fahrzeuge aus der Fischbachtalstraße auf den Ludwigsbergkreisel. So gab es einen kilometerlangen Rückstau im Fischbachtal. Währenddessen war die Ampel am Ende der Camphauser Straße zum Ludwigsbergkreisel, wo die A623 zweispurig einmündet, auch im „Normalbetrieb“- obwohl infolge der Autobahnsperrung gar kein Fahrzeug mehr den Ludwigsberg herunterkam. Auf die SZ-Frage, warum die Landespolizei in einer solchen Chaos-Lage nicht einen Schutzmann an die Ampel stelle, um den Fahrzeugstrom aus der Rußhütte flotter abfließen zu lassen, sagte Polizeisprecher Clemens Gergen: „Ich habe die Anfrage an das Führungsund Lagezentrum weitergegeben. Mehr kann ich dazu nicht sagen.“
Warum die Stadtverwaltung Saarbrücken nicht die Ampel-Intervalle am Ludwigsbergkreisel wegen der Stau-Situation kurzfristig veränderte, erklärte Stadtsprecher Robert Mertes. „Heute ist kein normaler Tag, was den Verkehr angeht. Auf solche unvorhersehbaren Ereignisse können wir bei den Steuerungen für die Ampelschaltungen nicht kurzfristig reagieren“, sagte Mertes. Zumal die Schaltungen an einem Knotenpunkt auch mit anderen Knotenpunkten abgestimmt sein müssten. Deshalb würde es nicht funktionieren, wenn der Verkehr „händisch geregelt“würde, betonte Mertes. Für Groß-Veranstaltungen oder bei geplanten Baustellen schalte die Verwaltung Sonderprogramme. „Es wäre denkbar, Programme für Störungsszenarien wie sie heute aufgetreten sind zu entwickeln, um extreme Verkehrssituationen besser steuern zu können“, fügte Mertes hinzu.
Die Landespolizei informierte Nutzer der Onlinenachrichtendienst Twitter und Facebook mit Informationen zur Verkehrslage und riet dazu, den Raum Saarbrücken, wenn möglich, zu meiden. Sie bat darum, im Stau Rettungsgassen zu bilden. Wie Augenzeugen berichteten, wurde die Bitte nicht überall befolgt.