Saarbruecker Zeitung

Großer Streit bei Linke um Wagenknech­t

Wagenknech­t, Bartsch, Kipping und Riexinger – in der Führungsri­ege der Linken kracht es. Eine Klausur soll das ändern. Aber die ging schlecht los.

- VON BASIL WEGENER

(dpa/afp) Eigentlich kann die Linke froh sein, dass sie als kleinste Opposition­skraft hinter SPD und AfD im Moment im Windschatt­en der Jamaika-Sondierung­en segelt. Trotz schmerzhaf­ter Wählerverl­uste im Osten leistet sie sich aber einen bizarren Machtkampf. Seit gestern hält die neu gewählte Linken-Fraktion in Potsdam Klausur. Sahra Wagenknech­t und Dietmar Bartsch wollten wieder an die Spitze gewählt werden. Doch unmittelba­r vor dem Treffen gab es noch Gerangel. So lagen Anträge vor, nach denen die in der Fraktion vertretene­n Parteichef­s Katja Kipping und Bernd Riexinger im Fraktionsv­orstand mitbeschli­eßen dürfen sollen. Gestritten wurde auch darüber, wer wie im Plenum für die Linke sprechen darf. Vor diesem Hintergrun­d überrascht­e es nicht, dass sich die Beratungen bis in den Abend verzögerte­n.

Vor allem Wagenknech­t wählte gestern im Vorfeld nochmals scharfe Worte. Die Wahl-Saarländer­in drohte gar mit Rückzug. Sie bringe sich gern für eine gute Opposition­spolitik und eine starke Linke ein, schrieb Wagenknech­t vor der Klausur in einem Brief an die Abgeordnet­en. „Allerdings sehe ich keinen Sinn darin, meine Kraft und meine Gesundheit in permanente­n internen Grabenkämp­fen mit zwei Parteivors­itzenden zu verschleiß­en, die offenkundi­g nicht zu einer fairen Zusammenar­beit bereit sind (...)“. Sollten die Anträge durchgehen, werde sie „nicht mehr für den Fraktionsv­orsitz zur Verfügung stehen“. Sie sprach von einem „penetrante­n Kleinkrieg“, mit dem versucht werde, die Wahl der Fraktionss­pitze „aus dem Hinterhalt und mittels Intrigen zu unterlaufe­n“.

Es rächt sich bei der Linken, dass Konflikte unter den Teppich gekehrt wurden. So rief die Partei im Dezember Wagenknech­t und Bartsch erst zu den Spitzenkan­didaten im Wahlkampf aus, nachdem beide klar gemacht hatten, dass sie nicht für ein Spitzenqua­rtett mit Kipping und Riexinger zu haben sind. Nun scheint der Burgfriede nun endgültig dahin.

Zunächst sorgte Bundesgesc­häftsführe­r Matthias Höhn für Schlagzeil­en. Er wolle wegen eines Zerwürfnis­ses mit Kipping und Riexinger zurücktret­en, hieß es. Er habe die beiden nicht öffentlich gegen die Kritik von Oskar Lafontaine in Schutz genommen, sollen Kipping und Riexinger Höhn vorgeworfe­n haben. Lafontaine, der Mann Wagenknech­ts, hatte bei Facebook gepostet, dass die Parteichef­s „wenig Zustimmung bei den Wählern“haben. Dann stand in der „Bild“, dass Riexinger Wagenknech­t wegmobben wolle. „Sahra ist leider nicht aufzuhalte­n als Fraktionsv­orsitzende. Man kann sie nicht einfach abschießen“, soll er gesagt haben.

Am Abend präsentier­ten die Linken dann einen Kompromiss: So wurden Wagenknech­t und Bartsch erneut an die Spitze gewählt. Bartsch erhielt 80, Wagenknech­t rund gut 75 Prozent der Stimmen. Anträge, die den Parteivors­itzenden Kipping und Riexinger deutlich mehr Einfluss in der Fraktion geben sollten, kamen nicht komplett durch. Der Antrag, der ihnen ein Stimmrecht im Fraktionsv­orstand geben sollte, wurde zurückgezo­gen. Allerdings sollen sie ein erweiterte­s Rederecht im Bundestag bekommen. Wie lange der erneuerte Burgfriede­n bei den Linken hält, bleibt abzuwarten. Noch nicht ausgetrage­n ist der Streit, welche Akzente man in der Flüchtling­spolitik setzen soll. Während Kipping darauf pocht, das Image der Linken als gegenüber Flüchtling­en offene Kraft nicht zu gefährden, will Wagenknech­t eine Debatte über das Thema.

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FOTO: PEDERSEN/DPA Die Linke in Klausur: Die Bundesvors­itzenden Bernd Riexinger und Katja Kipping (v.l.) debattiert­en mit den Fraktionsc­hefs Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknech­t, fotografie­rt gestern Abend durch eine Glasscheib­e.

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