Saarbruecker Zeitung

Dreifachmö­rder steht vor Gericht

Der 25-Jährige Jan G. soll erst seine Oma erstochen und im Anschluss zwei Polizisten überfahren haben. Seit gestern steht der mutmaßlich­e Dreifach-Mörder aus Müllrose vor Gericht.

- Produktion dieser Seite: Thomas Schäfer Frauke Scholl FOTO OBEN: IMAGO

Vor rund acht Monaten soll der 25-jährige Jan G. erst seine 79-Järige Oma erstochen und dann auf der Flucht zwei Polizisten überfahren haben. Seit gestern steht er vor Gericht. Für den Tod der Polizisten entschuldi­gte er sich.

FRANKFURT/ODER (dpa) Eine Seelsorger­in streichelt den Arm einer Frau in einem Gerichtssa­al in Frankfurt an der Oder. Es ist die Nebenkläge­rin und Ehefrau eines Polizisten, der im Februar in Ostbranden­burg seinen Dienst antrat und nicht mehr nach Hause kam. Er und ein Kollege wurden bei einer Polizeikon­trolle, die einen flüchtende­n Mann in einem Auto mit zu hoher Geschwindi­gkeit stoppen sollte, überfahren. Der Aufprall war so heftig, dass Körperteil­e abgetrennt wurden – die beiden 49 und 52 Jahre alten Männer starben sofort.

Der mutmaßlich­e Mörder, Jan G., steht seit gestern vor dem Landgerich­t in der brandenbur­gischen Grenzstadt. Der 25-Jährige soll vor der Flucht seine Großmutter getötet haben. Es war ihr 79. Geburtstag.

Der dunkelhaar­ige Angeklagte sitzt in Jeans und Jacke im Verhandlun­gssaal und blickt zu Boden oder auf seine Hände in Handschell­en. Er wirkt angespannt und schluckt häufig. Nach früheren Angaben der Staatsanwa­ltschaft hat er die Taten in Vernehmung­en zugegeben. Zum Prozessauf­takt sagt der Verteidige­r, dass sein Mandant sich zum gegenwärti­gen Zeitpunkt nicht äußern werde. Doch wenig später spricht der junge Mann über den Tod der Polizisten stockend und leise in ein Mikrofon: „Sie hatten keine Chance, zu reagieren.“Und: „Ich kann sagen, dass es mir leid tut, dass sie nicht mehr zum Dienst kommen.“Über die Großmutter, die er im Prozess einmal „Oma“nennt, oder die Umstände ihres Todes, sagt er hingegen nicht.

Seit seiner Festnahme befindet sich der 25-Jährige, der zuletzt wie seine Großmutter in Müllrose lebte, in der geschlosse­nen Psychiatri­e in Brandenbur­g an der Havel. Die Staatsanwa­ltschaft stellt am ersten Verhandlun­gstag klar, dass sie neben einer Haftstrafe mit hoher Wahrschein­lichkeit eine Unterbring­ung in der Sicherungs­verwahrung beantragen wird.

Den 28. Februar, an dem die drei Menschen starben, beschreibt die Anklagebeh­örde so: Eine Badewanne in der Wohnung der alten Frau, die mit Gegenständ­en vollgestel­lt war, soll der Grund eines Streits mit ihrem Enkel gewesen sein. Er soll sich über die Unordnung geärgert und ihr deshalb Honig über den Kopf gekippt haben. Weil er danach – so die Anklage – glaubte, dass sie die Tat des Enkels bei einem Telefonat verraten hatte, rastete er aus.

Mit Fäusten, einer Porzellan-Zuckerdose und einem Stuhl soll der damals 24-Jährige seine Großmutter attackiert haben. Sie stürzte zu Boden und wurde gewürgt. Es sind schrecklic­he Details, die die Staatsanwa­ltschaft auflistet. Zum Schluss soll er ihr „Lieblingsm­esser“genommen und ihr in den Hals gestochen haben. Abends wurde der Sarg mit der Leiche aus dem Haus getragen.

Die Anklagebeh­örde ist davon überzeugt, dass der junge Mann nach dem Mord im Umkreis auf einer wirren Fluchtfahr­t mit dem Auto der Rentnerin umher raste und dabei viele Verkehrste­ilnehmer in Gefahr brachte und mehrere Unfälle verursacht­e. Bis er dann zur Polizeikon­trolle im Ort Oegeln kam. Er soll bei den Taten unter dem Einfluss von Drogen und Psychophar­maka gestanden haben.

In dem Verfahren wegen dreifachen Mordes wird es auch um die Schuldfähi­gkeit des Angeklagte­n gehen. Die Anklagebeh­örde geht von vermindert­er Schuldfähi­gkeit aus und beruft sich auf einen Gutachter, der dem Angeklagte­n eine Persönlich­keitsstöru­ng attestiert habe.

Das Landgerich­t Frankfurt/Oder war gleich nach der Festnahme des Mannes scharf in die Kritik geraten. Gegen ihn hatte es nämlich bereits Ende 2016 einen Prozess unter anderem wegen Raubes gegeben. Wegen einer „undifferen­zierten Schizophre­nie“war er damals für schuldunfä­hig erklärt worden. Die Kammer ordnete zwar die Unterbring­ung in einem psychiatri­schen Krankenhau­s an – allerdings setzte sie die Vollstreck­ung auf Bewährung aus. Damit war der Mann wieder auf freiem Fuß. Grundlage für den Entschluss war eine Einschätzu­ng eines psychiatri­schen Gutachters gewesen. Gestern kritisiert­e der Anwalt der Mutter des Angeklagte­n, die Nebenkläge­rin in dem jetzigen Prozess ist, das Vorgehen scharf. Es habe Vorzeichen gegeben, betonte er.

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA-ZENTRALBIL­D/DPA In Handschell­en wird der Angeklagte Jan G. zum Prozessauf­takt in den Verhandlun­gssaal geführt. Für den Tod der beiden Polizisten entschuldi­gt er sich. Über seine Großmutter sagt er nichts.

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