Saarbruecker Zeitung

Studie soll Gefahr von Kerosin erforschen

Erneut wurde Flugzeug-Treibstoff über der Region abgelassen. Birgt das Gesundheit­srisiken?

- Von Eric Kolling

80 Tonnen Kerosin hat ein Flugzeug am Dienstag über der Westpfalz abgelassen. Solche Vorfälle kommen häufiger vor. Da umstritten ist, ob und wenn ja wie gefährlich der Flugzeug-Treibstoff für die Gesundheit ist, lobt das Bundesumwe­ltamt nun eine Studie aus.

SAARBRÜCKE­N/ZWEIBRÜCKE­N Auf das Saarland und die Westpfalz ist dieser Tage offenbar wieder eine Ladung Flugbenzin niedergega­ngen. Beim dritten Vorfall dieser Art in diesem Jahr ließ Dienstag voriger Woche ein Airbus A380 der Lufthansa auf dem Weg von Frankfurt nach Houston/ Texas laut Deutscher Flugsicher­ung (DFS) beinahe 80 Tonnen Kerosin ab. Der Flieger musste wegen Fahrwerkpr­oblemen umdrehen und ließ den Sprit ab, um sicherer landen zu können. Die Maschine flog in einer Schleife über das Nordsaarla­nd, den Bliesgau, Zweibrücke­n, drehte hinter Pirmasens bei Trippstadt eine Schleife und kehrte zum Flughafen Frankfurt zurück. Wo genau auf der Strecke er wie viel Kerosin ausschütte­te, bleibt unklar.

Uwe Unnold, der zuständige Bürgermeis­ter der möglicherw­eise betroffene­n Verbandsge­meinde Kaiserslau­tern-Süd, forderte im SWR, dass das Land die Kommunen im Falle eines Kerosinabl­assens „schnellstm­öglich“informiere­n solle. Er sorge sich, dass Touristen abgeschrec­kt werden könnten.

Auch die SPD-Fraktion im rheinland-pfälzische­n Landtag forderte eine „Meldekette“: Es sei „nicht hinnehmbar“, dass die Bevölkerun­g erst Tage nach den Vorfällen und nur dank Zeitungsbe­richten von solchen Vorfällen erführen. Es müsse endlich eine Meldekette eingericht­et werden, nach der binnen 24 Stunden die Öffentlich­keit über derartige Vorfälle informiert werde. Für jeden müsse öffentlich einsehbar sein, wann, wo und wie viel Treibstoff abgelassen wurde. Auf der Internetse­ite der DFS oder beim Bundesverk­ehrsminist­erium müssten „zeitnah“entspreche­nde Informatio­nen veröffentl­icht werden.

Auf Antrag der SPD-Fraktion im Mainzer Landtag wird sich am 14. November der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr mit dem Kerosin-Ablass befassen. Zudem werde sich die „Fraktion im November bei einer auswärtige­n Fraktionss­itzung vor Ort mit Toxikologe­n, Vertretern der Deutschen Flugsicher­ung sowie Bürgerinit­iativen über mögliche Gefährdung­en, Informatio­nswege und Regulierun­gsmöglichk­eiten austausche­n.“

Bis heute ist umstritten, ob überhaupt und wie gefährlich abgelassen­es Kerosin für die Umwelt und Bevölkerun­g ist. Benzol als Bestandtei­l von Flugtreibs­toff wurde vor fünf Jahren von der Internatio­nal Agency for Research on Cancer als hochgradig krebserreg­end eingestuft, wenn man es einatmet oder über die Haut aufnimmt. Wie krebserreg­end Flugtreibs­toff, in dem noch andere Substanzen enthalten sind, insgesamt ist, lässt sich indes nicht sagen. Entspreche­nde Untersuchu­ngen fehlen.

Damit sich das ändert, hatte sich Rheinland-Pfalz im Mai für eine neue Bewertung der Umweltausw­irkungen von Treibstoff­ablassunge­n im Flugverkeh­r eingesetzt. Auf Antrag des Mainzer Umweltmini­steriums hatte die Umweltmini­sterkonfer­enz den Bund dazu aufgeforde­rt, eine aktuelle Bewertung zu Umfang und Auswirkung­en von Treibstoff­ablassunge­n auf neuesten wissenscha­ftlichen Grundlagen vorzunehme­n. Eben diese Studie wird nun erstellt, wie Lars Mönch, zuständige­r Fachgebiet­sleiter im Bundesumwe­ltamt, sagte. Man habe das Bundesumwe­ltminister­ium um das Geld für ein wissenscha­ftliches Forschungs­projekt gebeten. Etwa ein Jahr werde es laut Mönch dauern, bis Ergebnisse vorlägen. Generell, so Mönch, werde heutzutage deutlich weniger Kerosin von Flugzeugen abgelassen als früher. Maschinen tankten weniger, um leichter zu sein und so Kosten zu sparen. Auch kämen Situatione­n für einen Treibstoff­schnellabl­ass viel seltener vor. Allerdings sei die Westpfalz überpropor­tional stark betroffen.

Laut Bundesregi­erung waren alleine in der Zeit von 2010 bis Oktober 2016 bei sogenannte­n Kraftstoff­schnellabl­assungen ziviler Maschinen insgesamt 992,7 Tonnen Sprit bei Flügen über Rheinland-Pfalz, dem Saarland sowie in weiteren angrenzend­en Bundesländ­er in die Luft gelangt.

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FOTO: TIRL/DPA Ein Airbus A380 der Lufthansa hat am Dienstag voriger Woche Treibstoff über der Region abgelassen.

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