Drohnen bei Rettungskräften im Saarland Mangelware
Sie haben einen schlechten Ruf: Drohnen werden im Luftverkehr gefürchtet und tauchen vor Schlafzimmerfenstern auf. Für Feuerwehren und Rettungsdienste werden sie aber immer wichtiger.
HORNEBURG/MAINZ (dpa) Die Drohne steigt senkrecht nach oben, fliegt über das Dach – und verschwindet außerhalb der Sichtweite. Kein Grund zur Panik, das ist so gewollt. Normalerweise müssen Piloten ihre Drohne immer im Blick haben. In diesem Fall übernimmt das jedoch eine neue Technik. Sie übermittelt die Positionsdaten der Drohne auf einen Bildschirm in der Einsatzzentrale. Noch ist das Geschehen in Niedersachsen nur ein Test. In Zukunft könnten Drohnen dadurch auch autonom sicher fliegen.
Medikamente auf eine entlegene Insel bringen, Blutkonserven von einem Krankenhaus zum anderen transportieren oder Vermisste in unwegsamem Gelände aufspüren – all das wäre möglich, wenn Drohnen außer Sichtweite fliegen könnten. Doch zurzeit sind Drohnen für den deutschen Luftverkehr vor allem ein zunehmendes Sicherheitsproblem: 14 Zwischenfälle meldeten Piloten in der Umgebung großer Flughäfen im Jahr 2015. Ein Jahr später waren es schon 60. In diesem Jahr sind es nach Angaben der Deutschen Flugsicherung bereits 71. Und dieses Sicherheitsproblem gibt es weltweit: Erst vergangene Woche ist in Québec ein Passagierflugzeug mit einer Drohne kollidiert.
Deshalb arbeiten die Deutsche Flugsicherung und die Deutsche Telekom in einem Projekt daran, Drohnen sicher in den Flugverkehr zu integrieren. Dafür statten sie diese mit einem eigens entwickelten Mobilfunkund GPS-Modul aus. „Eigentlich ist das eine Art fliegendes Smartphone“, sagt Ralf Heidger von der Deutschen Flugsicherung im niedersächsischen Horneburg bei Stade. Dort hatten die Entwickler die neue Technik bei einem gestellten Rettungseinsatz der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) überprüft. Bei dem Test sollte eine Drohne mit einer Wärmebildkamera den Rettungskräften helfen, ein vermisstes Kind im dichten Schilf auf einer Elbinsel zu finden. Die Drohne übertrug ihre Positionsdaten an die Einsatzleitstelle, von wo aus sie gestartet worden war. „Die Drohne konnte ein Riesen-Areal für uns abarbeiten“, sagt Robert Rink von der DLRG. Mit der Wärmebildkamera spürte die Drohne das Kind auf, die Helfer auf der Insel bekamen die Koordinaten auf ein Tablet übermittelt. „So konnten wir recht schnell die Person finden und versorgen“, erläutert Rink.
Auch die Entwickler werten den Test als Erfolg. „Wir haben gesehen, wie wertvoll die Technik für die Einsatzkräfte ist“, sagt Thomas Pöggel von der Telekom. Die DLRG setzt ferngesteuerte Fluggeräte bei der Suche nach Vermissten schon länger ein. Bisher seien diese ein Hilfsmittel, kein Rettungsinstrument, sagt Achim Wiese von der DLRG. „Unsere Vision ist, dass Drohnen in Zukunft auch Menschen aus dem Wasser ziehen können.“
Im April regelte eine Verordnung des Bundesverkehrsministeriums den Einsatz „unbemannter Luftfahrtsysteme“neu. Seitdem brauchen Behörden, Feuerwehren, THW und Hilfsorganisationen keine Nachweise und Erlaubnisse mehr, wenn sie Drohnen „zur Erfüllung ihrer Aufgaben“einsetzen. Nun ist die Nachfrage groß. Mathias Hirsch, Leiter der Aus- und Weiterbildung des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Rheinhessen-Nahe, sieht ein „riesiges Potenzial“für den Einsatz von Drohnen. Schon nächstes Jahr werde der sogenannte Multikopter des DRK ein 5500 Euro teures Update erfahren. „Wir wollen eine Wärmebildkamera kaufen“, berichtet Hirsch.
Dem Westerwaldkreis waren zwei Multikopter sogar knapp 20 000 Euro wert. Einer davon hatte seinen ersten Einsatz schon kurze Zeit, nachdem er angeschafft worden war, als im Juni ein Reifenlager in der Region in Flammen stand. Mit ihren Echtzeitbildern lieferte die Drohne den Einsatzkräften zunächst einen Überblick über den Großbrand. Als das Feuer fast vollständig gelöscht war, spürte sie letzte Glutnester auf. „So wussten wir, wo wir nachlöschen müssen“, sagt Kreissprecher Tobias Haubrich.
Solche Großbrände sind Ausnahmesituationen. Viel häufiger kommen Drohnen bei der Suche nach vermissten, verunglückten oder suizidgefährdeten Menschen zum Einsatz. Der Multikopter des Westerwaldkreises rückte innerhalb von vier Monaten zehn Mal aus, um nach Vermissten zu suchen. Mit Wärmebildkameras kann die Maschine Menschen selbst in Gewässern und dichten Wäldern finden.