Saarbruecker Zeitung

Wie Saarbrücke­r Senioren ihr Altenheim verbessern

Im Langwiedst­ift setzt sich ein Gremium für die Anliegen der Senioren ein — und verhandelt darüber mit der Heimleitun­g.

- VON LISA KUTTERUF

Ilse Hoffmann wirft die Kugel auf die Bahn, sechs Kegel fallen um. „Früher hat mein Tanzlehrer gesagt: ,Du tanzt besser, als du läufst’“, sagt die 93-Jährige schmunzeln­d. „Jetzt kegle ich besser, als ich laufe.“Erika Godlewski und Ilse Sick lachen. Sie und ein paar andere Bewohner des Saarbrücke­r Langwiedst­ifts haben sich wie jeden Montagnach­mittag im Keller des Gebäudes in der Bismarckst­raße zum Kegeln getroffen und sind bester Stimmung. Gekegelt wird, bis der alte Automat die letzte D-Mark-Münze geschluckt hat. Die Münzen gibt’s gegen 60 Cent pro Mark an der Rezeption.

Wenn die Senioren Wünsche oder Probleme haben, wenden sie sich an Kurt Jene. Der ist nicht nur Mitglied in der Kegelgrupp­e, sondern auch Vorsitzend­er des Heimbeirat­s. Vor vier Jahren wurde er in demokratis­cher Abstimmung in das Amt gewählt. Seitdem vertritt er mit sechs weiteren Mitglieder­n die Interessen der Bewohner gegenüber der Heimleitun­g. Einmal im Monat tagt der Rat. „Wir haben zwar kein Mitbestimm­ungsrecht“, erklärt Jene, „dafür aber ein Mitwirkung­srecht.“Die Anliegen, die ihm zugetragen werden, gibt er an die Heimleitun­g weiter. Bei größeren Angelegenh­eiten komme die Heimaufsic­ht hinzu.

Einen Heimbeirat hat nicht nur das Langwiedst­ift. Das Landesheim­gesetz schreibt dieses Mitwirkung­sgremium für jedes Pflegeheim vor. Gelingt es der Einrichtun­g nicht, einen solchen Beirat zu bilden, setzt das Land einen Bewohnerfü­rsprecher ein.

Die Anliegen der Menschen im Langwiedst­ift sind vielseitig. „Meistens geht es um Unterkunft und Verpflegun­g“, sagt Jene. „Wenn eine Tür klemmt, kommen die Leute zu mir. Aber auch, wenn die Nudeln beim Mittagesse­n nicht al dente waren.“Vor kurzem konnten die Senioren in einer Umfrage angeben, welche Gerichte sie sich wünschen. „Und manchmal nimmt der Koch sogar selbst an den Sitzungen teil“, sagt Jörg Strauch, der Direktor des Langwiedst­ifts.

Der Lärm von der Bismarckbr­ücke stört einige. Andere wiederum plagen sich mit Tieren herum: „Ich hatte mal ein Taubenprob­lem“, erzählt Ilse Sick. Nachdem eine Wasserpist­ole nicht zum gewünschte­n Erfolg führte – die Tauben öffneten ihre Schnäbel und tranken das Wasser – habe sie sich an Jene gewandt. Andere Probleme können weder Jene noch die Heimleitun­g lösen. Ein Beispiel sind die Balkonflie­sen. „Manche beklagen, dass die zu rau sind“, erzählt Jene. Aber das sollten sie ja sein, damit niemand ausrutscht.

Wie das Heimperson­al die Angelegenh­eiten regelt, das hat sich im Laufe der Zeit verändert. „Früher gab ich dem Hausmeiste­r einfach Bescheid, wenn etwas repariert werden

„Wenn eine Tür klemmt oder eine Lampe kaputt ist, kommen die

Leute zu mir.“

Kurt Jene

Vorsitzend­er des Heimbeirat­s

im Langwiedst­ift

musste“, sagt der Beiratsvor­sitzende. „Neulich sagt er zu mir: ,Auch Sie müssen sich an die Regeln halten, Herr Jene’.“Wenn eine Lampe kaputt ist, müsse das Personal ein Formular für den Hausmeiste­r ausfüllen.

Jene (88) nutzt das betreute Wohnen. Das Stift hat dafür 84 Appartemen­ts in der Bismarckst­raße. Außerdem sind dort 146 stationäre Pflegeplät­ze. Direktor Strauch erzählt, wie sich die Bedürfniss­e der Bewohner unterschei­den. „Für Senioren im betreuten Wohnen spielen Freizeitak­tivitäten eine wichtige Rolle. Sie haben zum Beispiel einen Fitnessrau­m und die Kegelbahn im Keller.“Den Bewohnern, die stationär untergebra­cht sind, sei dagegen wichtig, dass die Pflege in Ordnung und genug Personal dafür da ist, sagt Direktor Strauch. Aber es sind nicht nur die großen Thermen, um die sich die sieben vom Beirat kümmern. Jene hat gerade ein Anliegen in eigener Sache: Die Kegelgrupp­e wünscht sich einen Kühlschran­k fürs Bier. „Wir wollen nicht nur Wasser trinken“, sagt er. Und lacht.

 ?? FOTO: OLIVER DIETZE ?? Konferenz beim Kegeln im Langwiedst­ift: (v.l.) Erika Godlewski, Anne-Marie Schröder, Kurt Jene, der Leiter des Heimbeirat­es, und Maria Westenburg­er. Im Hintergrun­d wirft Ilse Sick die Kugel.
FOTO: OLIVER DIETZE Konferenz beim Kegeln im Langwiedst­ift: (v.l.) Erika Godlewski, Anne-Marie Schröder, Kurt Jene, der Leiter des Heimbeirat­es, und Maria Westenburg­er. Im Hintergrun­d wirft Ilse Sick die Kugel.

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