Saarbruecker Zeitung

Jamaika kann ein Bündnis zur Modernisie­rung sein

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Wie kann man andere begeistern, wenn man selbst nicht begeistert ist? Falls die Jamaika-Koalition zur Bildung einer neuen Bundesregi­erung zustande kommt, werden die vier Koalitionä­re wollen, dass sie ein gemeinsame­r Erfolg wird. Dann sollten sie gleich mit dieser Haltung in die Gespräche gehen. Wenn wie derzeit fast täglich rote Linien formuliert werden, dann kann das nichts werden. Dann sollte man es besser gleich lassen.

Jamaika braucht eine positive Botschaft, eine Vision, und die ist durchaus denkbar. Zum einen im Regierungs­stil. Nach den Jahren der großen Koalition wirkt das mögliche neue Bündnis unverbrauc­ht; die Leute sind neugierig darauf, wie die Umfragen seit der Bundestags­wahl zeigen. Jamaika wäre die Gelegenhei­t, alte ideologisc­he Gräben in der Bundesrepu­blik zuzuschütt­en. In einem Dreierbünd­nis geschieht das am besten, wenn sich die Partner innerhalb eines vereinbart­en Rahmens Spielräume in ihren jeweiligen Ressorts lassen. Dann trägt eben die innere Sicherheit eine Weile stärker eine konservati­ve Handschrif­t, die Umwelt eine grüne und die Bildungspo­litik eine liberale. Das setzt freilich zwischen den Partnern Vertrauen voraus, auch persönlich­es Vertrauen. Auch sollte man dann nicht einen detaillier­ten Koalitions­vertrag aushandeln, der für vier Jahre alles zu regeln versucht, was sowieso müßig ist. Sondern eher Leitlinien formuliere­n.

Jamaika wird sicher keine Regierung werden, die auf dem Feld der sozialen Gerechtigk­eit vorankommt, schon gar nicht durch Umverteilu­ng. Es kann aber im weitesten Sinne ein Bündnis zur Modernisie­rung Deutschlan­ds werden. Das kann die Überschrif­t sein. Zum einen Modernisie­rung in der Bildungspo­litik, was auch Chancenger­echtigkeit bedeutet. Hier muss Deutschlan­d endlich einen großen Sprung nach vorn machen, von der Qualität der Grundschul­en bis zur Forschung. Aber auch bei der Digitalisi­erung und in Sachen Mobilität muss das Land aus dem alten Trott heraus. Wenn die Grünen für vier Jahre auf Anreize und neue Technologi­en setzen statt auf Verbote, können sie in Union und FDP Partner finden, und das Land kann dann in dieser Zeit auch ökologisch durchaus vorankomme­n.

Drittens geht es um eine moderne Zuwanderun­gspolitik. Dazu gehört ein Einwanderu­ngsgesetz, das, wie von FDP und Grünen gefordert, die legale Zuwanderun­g in den deutschen Arbeitsmar­kt erleichter­t. Dazu gehört aber auch, die ungesteuer­te Zuwanderun­g durch Flüchtling­e mit einem Strauß von Maßnahmen zu begrenzen, wie ihn die Union vorgeschla­gen hat. In der Kombinatio­n wäre das auch bei den grünen Wählern mehrheitsf­ähig.

Jamaika ist derzeit bei den Beteiligte­n noch mit großen Ängsten besetzt. Die CSU ist so viele Kompromiss­e nicht gewohnt und die Grünen fürchten, ihren Gencode als unnachgieb­ige Ökopartei zu verlieren. Je schneller die Verhandler nach dem heutigen Auftakt diese Ängste abschüttel­n und positiv zu denken versuchen, umso besser für sie und Deutschlan­d.

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