Saarbruecker Zeitung

Erinnerung­en an Ulrike Meinhof

Anja Röhl liest aus ihrem Buch „Die Frau meines Vaters“über ihre Beziehung zur RAF-Terroristi­n.

- Produktion dieser Seite: A. Mandersche­id, M. Saeftel, J. Laskowski

SAARBRÜCKE­N (red) „Kind sein heißt allein sein, schuld sein, essen müssen, schlafen müssen, brav sein müssen. Kind sein heißt, sich nicht wehren zu können.“So erlebt die Autorin Anja Röhl ihre Kindheit in den 1950er und 60er Jahren. Im Arbeitervi­ertel Hamburg-Barmbek herrscht die Dumpfheit der Nachkriegs­zeit.

Die Mutter, als geschieden­e Alleinerzi­ehende geächtet, ist erst spätabends zu Hause; der Vater, übergriffi­g und manipulier­end, aber von der linken Schickeria hofiert, kommt nur unzuverläs­sig; die Altnazi-Großeltern bieten bei kurzen Besuchen noch die meiste Wärme. Doch als sie fünf Jahre alt ist, stellt ihr Vater, der Konkret-Verleger Klaus Rainer Röhl, ihr seine neue Freundin vor: Ulrike Meinhof. Für Anja ist sie die einzige Erwachsene, die sie wirklich versteht, die gegen den Vater für sie Partei ergreift, bei der sie keine Angst haben muss vor Strafe. Die Dankbarkei­t für diese Erfahrung prägt auch die Beziehung zu Ulrike Meinhof nach deren Trennung von Mann und Kindern. Anja Röhl bleibt ihr verbunden, besucht die Terroristi­n der Roten Armee Fraktion (RAF) im Gefängnis, schreibt ihr Briefe, allen Anfeindung­en zum Trotz und obwohl sie Ulrike Meinhofs politische Positionen nicht teilt.

Anja Röhls Buch „Die Frau meines Vaters. Erinnerung­en an Ulrike Meinhof“ist ein Dokument der Zeitund Mentalität­sgeschicht­e der frühen Bundesrepu­blik, aus der Perspektiv­e eines Mädchens erzählt. Ulrike Meinhof war Journalist­in der Zeitschrif­t „Konkret“, engagierte sich in der Außerparla­mentarisch­en Opposition (APO) und war Mitglied der RAF. 1975 starb sie in der Haftanstal­t Stuttgart-Stammheim. Justizbeam­te fanden sie erhängt in ihrer Zelle.

Anja Röhl liest am Dienstag, 24. Oktober, von 19 bis 21 Uhr in der Frauengend­erbiblioth­ek Saar, Großherzog-Friedrich-Str. 111 aus ihrem Buch und beantworte­t Fragen. Die Lesung ist eine Veranstalt­ung der Peter-Imandt-Gesellscha­ft/Rosa-Luxemburg-Stiftung Saarland in Kooperatio­n mit der Frauengend­erbiblioth­ek Saar und der Firma „Der Buchladen Saarbrücke­n“.

zeigt am Freitag, 27. Oktober, um 20 Uhr den Film „Bambule“von Ulrike Meinhof. Zuvor wird Peter Weinmann von der „Anlaufstel­le für selbstbest­immt Leben“in Saarbrücke­n in das Thema einführen.

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VERLAG NAUTILUS FOTO: Anja Röhl hielt auch zu Ulrike Meinhof, als die zur RAF-Terroristi­n geworden war - auch wenn Anja Röhl deren politische Ansichten nicht teilte.

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