Schwachpunkte bei Justiz und Polizei
Jurist Rixecker berichtet von „Richterkrankheit“und GdP-Chef Malchow vom Polizisten-Frust.
Bei einer Podiumsdiskussion zum Thema „Arbeiten Polizei und Justiz Hand in Hand“sparten die Vertreter beider Seiten nicht mit Kritik. In der Regel funktioniere die Zusammenarbeit aber gut, waren sich Richter Roland Rixecker und GdP-Chef Oliver Malchow einig.
Die Zusammenarbeit von Polizei und Justiz in Deutschland funktioniert in der Regel, es gibt aber Ausnahmen und Schwachpunkte. Dieses Fazit lässt sich nach einer gut 90-minütigen Podiumsdiskussion zu der Frage „Arbeiten Polizei und Justiz noch Hand in Hand?“bei der Union Stiftung ziehen. SZ-Chefredakteur Peter Stefan Herbst moderierte die Diskussion mit Professor Roland Rixecker, Präsident des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes und Ex-Präsident des Oberlandesgerichtes, und Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Beide beantworten die Frage, ob es in Deutschland ein Vollzugsdefizit gebe, spontan mit „Ja“.
Richter Rixecker sparte keineswegs mit deutlicher Kritik an seiner Zunft: „Ich finde schon, dass manchmal die Möglichkeit der Verfahrenseinstellung zu großzügig genutzt wird.“Er zeigte auch Verständnis dafür, dass Polizeibeamte, die Kleinkriminelle überführt haben, frustriert reagieren, wenn ein Staatsanwalt oder ein Richter den Fall wegen Geringfügigkeit einstellt. Gleichzeitig warb er um Verständnis für seine Kollegen: „Wir müssen schauen, ob die Beweise ausreichen.“Die Polizei schätze diese mitunter anders ein als Juristen. Rixecker erzählte auch von der „Richterkrankheit“. Davon seien Richter betroffen, „die nicht entscheiden können“.
Gewerkschaftschef Malchow berichtete von großem Frust, etwa bei der Polizei in Berlin. Dort stehen nach seinen Angaben Beamte vor der Situation, dass sie Intensivtäter immer wieder festnehmen und die Justiz diese gleich wieder laufen lasse. Die Polizisten müssten diese Klientel schon nicht mehr nach den längst bekannten Personalien fragen. Hier könne von einer Arbeit Hand in Hand keine Rede sein. Die Zusammenarbeit werde aber zweifellos besser, je spezialisierter Polizisten und Staatsanwälte arbeiteten.
Personalnot bei Polizei und Justiz war weiteres Thema der Runde. Malchow bilanzierte bundesweit 22 Millionen Überstunden bei der Polizei, was etwa 13 500 Stellen bedeute. Die GdP fordert 20 000 neue Stellen. Bundesweit fehlt aus Sicht von Rixecker „eine nicht unerhebliche Zahl von Staatsanwälten und Richtern. Auch im Saarland sieht der frühere OLG-Präsident „einen gewissen Mangel“.
Einig waren sich Rixecker und Malchow in der Einschätzung, der Arbeitsabläufe bei Polizei und Justiz: „Von Hand zu Hand.“Mit Methoden und Technik aus dem letzten Jahrhundert, mit zeitraubenden Papierakten.