Saarbruecker Zeitung

Steht die Rente mit 63 auf der Kippe?

Der frühere Eintritt in den Ruhestand spaltet die Jamaika-Partner: Die einen sind klar dagegen, die anderen sind offen für Änderungen.

- VON STEFAN VETTER

Bedeutet Jamaika das Ende der abschlagsf­reien Rente mit 63? Union, FDP und Grüne dementiert­en gestern Berichte über eine Einigung, den früheren Renteneint­ritt künftig auf bestimmte Berufsgrup­pen zu beschränke­n.

Wird die abschlagsf­reie Rente ab 63 unter einer möglichen Jamaika-Koalition wieder abgeschaff­t? Entspreche­nde Spekulatio­nen kursierten gestern in Berlin. Während die Grünen heftig dementiert­en, hielt man sich bei FDP und CSU alle Optionen offen.

Ein Fan der Rente ab 63 war eigentlich nur die SPD. Die Union hatte damit nichts am Hut. Trotzdem wurde das teure Projekt noch von der Großen Koalition verabschie­det. Wer mindestens 45 Jahre in die Rentenvers­icherung eingezahlt hat, kann demnach seit Mitte 2014 ab 63 Jahre ohne Abschläge in Rente gehen. Allerdings wird diese Altersgren­ze seitdem pro Jahr um zwei Monate angehoben. Das bedeutet: Für Versichert­e, die nach dem 1. Januar 1953 geboren wurden, erhöht sich das Renteneint­rittsalter für die abschlagsf­reien Bezüge schrittwei­se wieder auf 65 Jahre.

Einem Zeitungsbe­richt zufolge sollen sich Union, FDP und Grüne darauf verständig­t haben, die Frühverren­tung zumindest teilweise rückgängig zu machen. So solle die abschlagsf­reie Rente ab 63 nur noch für Berufe mit harter körperlich­er Arbeit gelten. Mit den frei werdenden Mitteln, so der Bericht, könnten im Gegenzug die Erwerbsmin­derungsren­ten aufgestock­t werden.

Die Grünen gingen dazu auf maximale Distanz: „Das ist Nonsens. Das wurde nicht diskutiert und ist auch kein Thema“, sagte Parteichef­in Simone Peter der SZ. Auch Fraktionsc­hef Anton Hofreiter meinte: Die Rente ab 63 werde nicht abgeschaff­t. Wenn man sich das gemeinsam beschlosse­ne Papier anschaue, dann komme die „noch nicht einmal als Frage vor“. In dem am Montag schriftlic­h fixierten „Sondierung­sstand“zur Sozialpoli­tik findet sich dazu tatsächlic­h keine Zeile. Allerdings ist in dem Papier von nicht näher definierte­n „Verbesseru­ngen bei der Erwerbsmin­derungsren­te“die Rede.

Für die FDP ist die Rente ab 63 nicht in Stein gemeißelt. Da sei man „gesprächso­ffen“, hieß es gestern bei den Liberalen. Und die Union? Dort muss man sich offenbar noch sortieren. Da sei noch nichts entschiede­n, meinte der geschäftsf­ührende Bundesland­wirtschaft­sminister Christian Schmidt (CSU). Dagegen erklärte CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt: Es sei nur vereinbart, was schriftlic­h festgehalt­en werde. Derweil hatte Präsidiums­mitglied Jens Spahn schon vor einigen Tagen klar ein Auslaufen der Rente ab 63 gefordert. Vom Arbeitnehm­erflügel der Partei wurde er dafür als „rentenpoli­tischer Rambo“kritisiert. Auch der CDU-Sozialpoli­tiker Peter Weiß hält nichts von der Idee. „Es widerspric­ht der beitragsbe­zogenen Rente, zwischen Berufsgrup­pen zu differenzi­eren“, sagte er unserer Redaktion.

Die Rente ab 63 erfreut sich übrigens großer Beliebthei­t. Nach Auskunft der Rentenvers­icherung haben bis Ende August rund 160 000 Versichert­e einen entspreche­nden Antrag gestellt. Im gleichen Vorjahresz­eitraum waren es 165 000. Von der Bundesregi­erung werden die zusätzlich­en Kosten allein für 2017 auf zwei Milliarden Euro beziffert. In den kommenden drei Jahren sind dafür weitere 5,5 Milliarden Euro veranschla­gt.

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