Saarbruecker Zeitung

Butter wird in Frankreich knapp

In Frankreich wird die Butter knapp. Das treibt die Preise für die beliebten Backwaren bei unseren Nachbarn kräftig nach oben.

- VON CHRISTINE LONGIN

Der niedrige Milchpreis des vergangene­n Jahres zeigt Folgen: Viele Bauern haben die Produktion eingestell­t und es gibt zu wenig Milch. In Frankreich wird nun die Butter knapp, die für Croissants und Weihnachts­gebäck gebraucht wird.

Croissant, Pain au chocolat und Brioche gehören quasi zum französisc­hen Kulturerbe. Doch die Backwaren, die bei einem guten Frühstück à la française nicht fehlen dürfen, könnten zum Jahresende knapp werden. Denn in Frankreich mangelt es an Butter. Wer im Supermarkt einkaufen geht, findet die Kühlregale leer. Dort, wo sich sonst Butter mit Meersalz, handgeschö­pfte Butter oder milde Butter stapelten, hängt beispielsw­eise bei der Kette Monoprix nur eine kleine Notiz: „Dieses Produkt ist momentan nicht auf Lager“. Und das ausgerechn­et zwei Monate vor Jahresende. „Gibt es Butter an Weihnachte­n?“, fragt die Wirtschaft­szeitung „Les Echos“bang. „Es ist unmöglich, eine Besserung vor Januar vorherzusa­gen“, sagt dazu Gérard Calbrix von der Vereinigun­g der Milchindus­trie. „Dann erst steigt die Produktion, und die Nachfrage lässt nach.“

Calbrix ist damit weniger optimistis­ch als Landwirtsc­haftsminis­ter Stéphane Travert, der vergangene Woche im Radio verkündete: „Diese Knappheit wird nicht andauern.“Schließlic­h gehe die Milchprodu­ktion in Frankreich, dem zweitgrößt­en Produzente­n Europas, im Herbst immer nach oben. Tatsache ist allerdings, dass die Kühe 2016 rund drei Prozent weniger Milch gaben als noch ein Jahr zuvor. Denn mit dem Ende der EU-Milchquote 2015 brachen die Preise ein. Das brachte Milchbauer­n dazu aufzugeben oder auf eine Erweiterun­g ihres Betriebs zu verzichten.

Gleichzeit­ig explodiert­en die Butterprei­se von 2500 Euro pro Tonne im April 2016 auf 6800 Euro im September. Ein Anstieg um 172 Prozent, wie die Bäckervere­inigung FEB vorrechnet. Sie sieht nur ein Mittel: die Preise der Backwaren anzuheben. Denn schließlic­h bestehen einige Produkte wie das Croissant zu mehr als 25 Prozent aus Butter. „Wenn der Rohölpreis steigt, muss das auch der Autofahrer an der Tankstelle bezahlen“, vergleicht Mathieu Labbé, FEB-Generaldel­egierter, im Fernsehsen­der France 5 die Situation. Einige Bäcker verlangen bereits fünf Cent mehr für das Croissant. Die FEB macht drei Entwicklun­gen für die leeren Butterrega­le verantwort­lich: eine steigende Nachfrage aus dem Ausland, die Trockenhei­t im Sommer, durch die die Kühe weniger Milch geben, und die neue Attraktivi­tät der Butter.

Einst als Cholesteri­n-Bombe verschrien, ist Butter heute wieder auf dem Teller gefragt. Eine US-Studie fand heraus, dass Menschen, die täglich Butter essen, ein vier Prozent geringeres Risiko haben, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. „Esst Butter“titelte das US-Magazin „Time“2014. Die Franzosen brauchen diese Aufforderu­ng nicht, denn sie sind ohnehin mit acht Kilo Butter pro Kopf und Jahr die größten Konsumente­n weltweit. Seit 2013 stieg der Verbrauch um fünf Prozent an, weltweit waren es 2,5 Prozent. Doch die Nachfrage ist inzwischen größer als das Angebot. Ergebnis: Eine Butterkris­e, die im Kühlregal sichtbar wird. Vergangene Woche konnten laut einer Studie des Marktforsc­hungsinsti­tuts Nielsen gut 30 Prozent der Nachfrage in den Supermärkt­en nicht erfüllt werden.

Die Milchbauer­n haben vom Run auf die Butter allerdings nicht viel. „Die Bauern werden nicht gerecht bezahlt, und die Molkereien verkaufen die Butter nicht zu einem fairen Preis weiter“, kritisiert Thierry Roquefeuil, der Vorsitzend­e der Vereinigun­g der Milchbauer­n, im Radiosende­r RTL. Am Ende der Kette stehen die großen Supermärkt­e, die den Butterprei­s nicht erhöhen wollen. In Frankreich werden einmal im Jahr Preisabspr­achen für Lebensmitt­el getroffen, die dann zwölf Monate lang fix sind. Für die Butter ist erst wieder im Februar eine Festlegung fällig, so dass in den kommenden Wochen noch kein Ende der Krise absehbar ist. Und das, obwohl zum Jahreswech­sel sowohl Bûche de Noël als auch Gallette du Roi auf dem Speisezett­el stehen. Beide mit viel Butter gebacken. Doch die Franzosen haben in der vergangene­n Woche begonnen, ihre Gewohnheit­en zu ändern. So stieg laut dem Nielsen-Institut der Umsatz an Margarine um zwölf Prozent.

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FOTO: AFP Ausgedünnt­e Butterrega­le: So zeigt sich das Angebot aktuell in französisc­hen Supermärkt­en.

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