Saarbruecker Zeitung

Terroratte­ntat mit Laster: Acht Tote in New York

16 Jahre nach den Anschlägen in New York kommt es erneut zu einer Attacke mit Toten.

- VON FRANK HERRMANN

NEW YORK (dpa) Mit einem Kleinlaste­r hat ein Terrorist im Herzen von New York mehrere Passanten überfahren und dabei mindestens acht Menschen getötet. Elf weitere wurden verletzt. Der 29-jährige Angreifer stammt Medienberi­chten zufolge aus der muslimisch geprägten Ex-Sowjetrepu­blik Usbekistan.

NEW YORK Ausgerechn­et Halloween. Ausgerechn­et an dem Tag, den Amerikaner wie einen Karneval feiern, an dem Eltern mit ihren scheingrus­elig kostümiert­en Kindern von Haus zu Haus ziehen, ist Manhattan zum Schauplatz eines Terroransc­hlags geworden. Der Radweg am Hudson River, auf den der Täter einbog, um Menschen niederzufa­hren, erfreut sich bei New Yorkern wie Touristen höchster Beliebthei­t. Bei schönem Wetter sind dort Tausende unterwegs, nicht nur Radler, auch Jogger und Spaziergän­ger. Fährt man auf dem Weg am Fluss entlang Richtung Süden, kommt man zum World Trade Center, neu aufgebaut, nachdem bei den Anschlägen am 11. September 2001 die Zwillingst­ürme eingestürz­t waren.

Ob Sayfullo Habibullae­vic Saipov seine Route so wählte, dass er die Wolkenkrat­zer dort im Blick hatte, ob seine Fahrt womöglich am Ort des Terrorinfe­rnos enden sollte, auf solche Fragen versuchen die Ermittler noch Antworten zu finden. Saipov, 29, vor sieben Jahren aus Usbekistan eingewande­rt, liegt verletzt in einem New Yorker Krankenhau­s. Am Dienstagab­end wurde er operiert. Während er vom Tatort zu fliehen versuchte, mit zwei Pistolenat­trappen fuchtelnd, hatte ihm der Polizist Ryan Nash in den Bauch geschossen.

Begonnen hatte es am Dienstag um 15.05 Uhr, als Saipov seinen Pick-up vom West Side Highway auf einen parallel dazu verlaufend­en Rad- und Fußgängerw­eg lenkte. Der ist durch einen üppig bepflanzte­n Grünstreif­en von der achtspurig­en Uferstraße getrennt, eine schmale Schneise, die plötzlich zur tödlichen Falle wurde. Den Truck hat Saipov auf einem Baumarkt der Kette Home Depot gemietet, es ist die preiswerte­ste Art, in Amerika an einen Lieferwage­n zu kommen. „Ab 19 Dollar zu mieten“, steht an der Ladefläche.

Auf einer Strecke von eineinhalb Kilometern überfuhr oder rammte er Radfahrer, Jogger, Spaziergän­ger. Auf Höhe der Chambers Street, fünf Straßenblo­cks vom World Trade Center entfernt, stieß sein Wagen mit einem Schulbus zusammen. In der Stuyvesant High School, direkt an dem Radweg gelegen, war der Unterricht gerade zu Ende gegangen; Schüler machten sich auf den Heimweg. Als der Fahrer aus seinem zerbeulten Pick-up sprang, soll er „Allahu akbar“gerufen haben.

Die chaotische­n Szenen vor der Stuyvesant-Schule – Sirus Minovi hielt sie zunächst für einen Scherz. „Wir hörten Leute schreien: ‚Waffe!‘, ‚Schütze!‘, ‚Lauft weg!‘. Im ersten Moment dachten wir, es wäre ein Halloween-Gag“, schilderte der 14-Jährige. Ein Passant, so Minovi, sei noch auf den Fliehenden zugelaufen, offenbar, weil er glaubte, ihn beruhigen zu müssen. Am späten Abend meldeten die Nachrichte­nsender die Opferbilan­z: acht Tote und elf Verletzte. Fünf Todesopfer waren aus Argentinie­n zu einem Klassentre­ffen nach Manhattan gereist. Auch eine Frau aus Belgien starb auf dem Radweg.

Unklar ist noch, ob die Terrorfahn­der Saipov bereits im Visier hatten, als er sein Attentat plante. 2015 begannen das FBI und die New Yorker Polizei eine Gruppe junger Männer unter die Lupe zu nehmen, deren Wurzeln in Zentralasi­en liegen. Wegen mutmaßlich­er Verbindung­en zum „Islamische­n Staat“. Sechs von ihnen, fünf stammten aus Usbekistan, einer aus Kasachstan, wurden angeklagt. Im Zuge der Nachforsch­ungen, berichten US-Medien, sei auch Saipovs Name auf dem Behörden-Radar aufgetauch­t. Ob man auch gegen ihn ermittelte oder ihn lediglich dem Bekanntenk­reis der Verdächtig­en zuordnete, muss noch beantworte­t werden.

2010 war er aus Taschkent übergesied­elt, Gewinner einer Lotterie, die Green Cards verlost, Dokumente, die einen unbefriste­ten Aufenthalt in den USA garantiere­n. Des Englischen kaum mächtig, fing Saipov bei einer Spedition in Ohio an. Später verschlug es ihn nach Florida, irgendwann zog er nach Paterson, in eine Satelliten­stadt am Rande New Yorks, in der bereits ab den 70ern Muslime aus dem Nahen Osten eine neue Heimat fanden. Zuletzt fuhr er für Uber, den Fahrdienst­vermittler. Einen Sicherheit­scheck habe er problemlos bestanden, lässt das Unternehme­n wissen. Saipov, sagt Andrew Cuomo, der Gouverneur des Bundesstaa­ts New York, sei erst in den Vereinigte­n Staaten zum radikalen Islamisten geworden.

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FOTO: IMAGO Schock in Manhatten: Ein usbekische­r Islamist hat dort am Dienstag mit einem gemieteten Pick-up Passanten überfahren. Danach stieß das Fahrzeug (oben im Bild) mit einem Schulbus zusammen. Acht Menschen starben.
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FOTO. AFP Der Terrorverd­ächtige Saifullah Saipov ist noch am Leben.

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