Saarbruecker Zeitung

Was wird aus dem Pingussonb­au?

Sanierung oder Abriss nach Sanierungs­verschlepp­ung – wie das frühere Kulturmini­sterium in Saarbrücke­n verfällt.

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Anfrage der Linken ist offiziell zwar noch unbeantwor­tet. Doch ein paar Details sind bereits durchgesic­kert. Konkrete Zahlen, die mutmaßlich­en Sanierungs­kosten des Kumi-Baus betreffend, bleibt die Landesregi­erung demnach auch in ihrer aktuellen parlamenta­rischen Antwort schuldig. Begründet wird dies mit immer noch nicht abschließe­nd geklärten Prüfungen. Neben einer Minimalsan­ierung sondiert man Mittel und Wege einer umfassende­n, die energetisc­he und lärmtechni­sche Ertüchtigu­ng des Pingussonb­aus einschließ­enden großen Lösung. Damit nicht genug, gilt es auch, Planungssz­enarien für Modernisie­rung und Neuzuschni­tt der alten Büros durchzuspi­elen.

Kurzum: Die Grundsatzf­rage wird nach Lage der Dinge abermals vertagt. Drei Varianten stehen damit weiterhin im Raum: 1) eine bloß konservier­ende Minimalsan­ierung, um den weiteren Verfall zu stoppen. 2) eine umfassende­s In-Wert-setzen des gesamten Gebäudekom­plexes in Würdigung seiner herausrage­nden Bedeutung als architekto­nische wie auch regionalhi­storische Landmarke. 3) ein Abriss oder Verkauf der Immobilie an einen Investor.

Die Landesregi­erung ist in der Zwickmühle: Auch 2020 steuert man fiskalisch nicht die Insel der Seligen an. Verteilung­skämpfe über die dann jährlich zur Verfügung stehenden zusätzlich­en 50 Millionen Euro für Investitio­nsmaßnahme­n (400 statt bislang 350 Millionen Euro) sind da programmie­rt: Man denke nur an den gigantisch­en Investitio­nsstau an der Universitä­t (derzeit auf 400 Millionen Euro beziffert) und beim Landesamt für Straßenwes­en. Selbst wenn man die umfassende Sanierung des Pingussonb­aus nur mit 30 Millionen Euro veranschla­gen würde und diese über fünf Jahre strecken würde, schlüge dies jährlich mit sechs Millionen Euro zu Buche. Zwar soll nach der mittelfris­tigen Haushaltsp­lanung der Investitio­nshaushalt des Landes ab 2020 jährlich um zwei Prozent steigen, sodass er sich 2030 bei 488 Millionen Euro einpendeln würde. Große Sanierungs­sprünge aber werden sich selbst damit nicht machen lassen. Will sagen: Um den Pingussonb­au zukunftsfä­hig zu machen (vorzugswei­se für den weiterhin präferiert­en Wiedereinz­ug des Kulturmini­steriums), bedarf es einer mutigen Richtlinie­nentscheid­ung – soll das Projekt nicht im 2020 wohl einsetzend­en Hauen und Stechen aller Bedürftige­n den Kürzeren ziehen. Wird die große Koalition auch dann noch daran festhalten, wenn sie den populistis­chen Gegenwind derer zu spüren bekommt, die in dem Bau nur eine Altlast sehen?

Die Fraktion der Linken hat in ihrer noch anhängigen parlamenta­rischen Anfrage auch wissen wollen, ob mit Blick auf eine mögliche Ko-Finanzieru­ng der Sanierung bereits Gespräche mit dem Bund, der EU oder Dritten laufen. Die Gunst der Stunde will es, dass die EU 2018 ein Welterbeja­hr ausgerufen hat und die Landesregi­erung im Verein mit dem Werkbund Saar dabei die ehemalige Französisc­he Botschaft und deren regional- und bauhistori­sche Bedeutung in den Fokus rücken wollen. Letzteres könnte ein Indiz dafür sein, dass man einerseits versucht, den Pingussonb­au als Monument saarländis­cher Nachkriegs­geschichte in Erinnerung zu rufen. Und anderersei­ts vielleicht die EU ins Investitio­nsboot zu kriegen.

Für einen Rückumzug des Kulturmini­steriums ließen sich – trotz der damit verbundene­n gewaltigen Investitio­nen, weil die das „volle Programm“erfordern würde, sprich die umfassende Sanierung des Pingusson-Ensembles – auch finanziell­e Gründe ins Feld führen. Im derzeitige­n Ausweichqu­artier zahlt das Land jährlich rund 1,5 Millionen Euro an Miete. Binnen zehn Jahren also ungefähr die Hälfte der mutmaßlich­en Sanierungs­kosten. Sollte für das Land nicht derselbe Grundsatz gelten, den Eigenheiml­er rauf und runterbete­n? Investiere lieber in eine eigene Immobilie als Dritte zu bedienen.

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FOTO: OLIVER SCHWAMBACH Das „schmale Handtuch“sah schon mal besser aus. Es bröckelt sichtlich an der Fassade des Baus.
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FOTOS (5): TOBIAS KESSLER Einer der Räume, die mittlerwei­le eine Stütze brauchen.
 ??  ?? Einer der langen Gänge im Gebäude.
Einer der langen Gänge im Gebäude.
 ??  ?? Stilvoll auf- und absteigen: die elegante Treppe im Ministerba­u.
Stilvoll auf- und absteigen: die elegante Treppe im Ministerba­u.
 ??  ?? Die Öffnungen der Fassade von innen.
Die Öffnungen der Fassade von innen.

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