Auch in der Notkirche wird Luther gefeiert
Viele evangelische Kirchen öffneten am Dienstag ihre Türen zur „Nacht der Reformation“.
Rund 30 Sängerinnen und Sänger in afrikanischen Kleidern erheben hier die Stimme, um Gospels und Spirituals von Freiheit und gegen Unterdrückung zu singen. Pfarrer Otto Deutsch, ihr früherer Leiter, erzählt dazu aus dem Leben von Martin Luther King. Was für ein Klangerlebnis in dem strahlenden Kirchenraum. Da will man doch nicht weg. Doch auch andernorts, in der wohl kleinsten Kirche, der Notkirche am 40er Grab, kann man zur gleichen Zeit über Besuchermangel nicht klagen. „Gerade hat hier neben mir am Tisch noch die Oberbürgermeisterin gesessen“, sagt Karl-Heinz Huppert und verspeist ein Stück Kuchen. Huppert ist mit dem Bus aus der Stadtmitte gezielt hierher gekommen. „Weil diese Kirche hier einmalig ist, so gemütlich mit den Tischen, Stühlen und der Holzvertäfelung, ist das fast wie ein zweites Wohnzimmer“, schwärmt er. Vorne hebt Ewald Schulz einen kleinen Lederbeutel hoch und lässt die kleinen Besucher hineingreifen. Mit solchen Ton-Murmeln, erzählt Schulz, habe Luther als Kind gespielt.
In der Notkirche hat man das Programm an diesem Abend für die ganze Familie ausgerichtet. Kleine Stofffiguren stellen auf einem langen Tisch wichtige Lebensstationen des Reformators wie den Thesenanschlag vor. Vorne machen sich nun die Bläser des Saarbrücker Posaunenchors für einen Auftritt bereit.
Derweil stehen in der Schlosskirche Kinder und Erwachsene an Druckerpressen, um sich Luther-Postkarten oder Bierdeckel zu drucken. Eigens für diesen Abend hat das Zeitungsmuseum Wadgassen seine Mitmach-Abteilung aus der Ausstellung „Luther für Kinder“hier aufgebaut. „Mindestens 50 Leute waren schon hier“, erzählt Matthias Weber so gegen 22 Uhr und ermuntert die neuen Gäste, doch mal mit einem Federkiel zu schreiben. Von draußen hört man Kraniche und ab und zu einen Automotor. Auf den Teppichen rund ums wärmende Lagerfeuer könnte man es gut noch Stunden aushalten. „Was? Schon elf Uhr?“Schrickel staunt. Nach 48 Stunden im Einsatz heißt es für die Pfadfinder jetzt: Zelte abbauen. Doch an so einem Tag fällt es nicht leicht, sich zu trennen. Immer noch huschen einzelne Menschen durch die Dunkelheit in die Ludwigskirche. Außen blau und innen weiß war sie eine Nacht lang in jeder Hinsicht der hellste Punkt der Stadt.