Kohfeldt kämpft um Chance als Retter
Bundesligist Werder Bremen trennt sich von Trainer Alexander Nouri und vertraut vorerst dem Coach der U23.
(sid) Angriffslustig, eloquent, optimistisch: Mit einem selbstbewussten Auftritt rückte Florian Kohfeldt die hitzigen Spekulationen über eine „große Lösung“bei Werder Bremen zumindest kurzzeitig in den Hintergrund. Die parallele Trainersuche des Bremer Sportchefs Frank Baumann scheint den bisherigen U23-Trainer regelrecht anzustacheln. „Das ist kein Problem für mich“, sagte der Bundesliga-Neuling gestern. Es gebe eine „klare Absprache“mit Baumann, mit dem er in einem „sehr ehrlichen“Austausch stehe. Kohfeldt betrachtet die Situation ohnehin eher als eine große Chance: „In dieser Woche muss die Mannschaft eine Reaktion zeigen nach den letzten Spielen. Wir alle wissen nicht, was nächsten Montag ist. Das ist aber nicht schlimm.“
Ungeachtet der Gerüchte um prominente Namen wie Lucien Favre, Bruno Labbadia oder sogar Thomas Tuchel, die dieser Tage rund um das Weserstadion kursieren, liegt Kohfeldts Fokus auf seiner Bundesliga-Premiere morgen Abend (20.30 Uhr). Für die Partie bei Eintracht Frankfurt hat er drei Punkte als Ziel ausgerufen. „Ich glaube, dass es am Freitag ein guter Start wäre, eine andere Leistung auf den Platz zu bringen und diese mit einem Sieg in Frankfurt zu krönen“, sagte der Interimstrainer.
Respekt ja, Angst nein: Kohfeldt – schwarzes Shirt, schwarzer Trainingsanzug, lässiger Drei-Tage-Bart – hat den Kampf um seinen ersten Bundesliga-Job auch verbal angenommen und forderte bei seinem ersten öffentlichen Auftritt von seinen Profis die volle Konzentration auf die schwere Mission Klassenverbleib. „Jeder muss wissen, in welcher Situation wir stecken“, sagte der bisherige Drittliga-Trainer. Mit fünf Punkten befinde sich der Club in „keiner rosigen Situation“. Vor allem in puncto Mentalität könne man erwarten, „dass die Mannschaft eine Reaktion zeigt“. Mit einer Balance aus mutigem Offensivspiel und disziplinierter Verteidigung soll der Weg aus der Krise gelingen. Werder wartet nach zehn Ligaspielen noch immer auf den ersten Sieg und hat erst drei Tore erzielt.
Doch auch wenn man an der Weser inständig hofft, dass sich Kohfeldt als ähnliches Trainerjuwel entpuppt wie Thomas Tuchel und Julian Nagelsmann, die ebenfalls als Nobodys in die Liga kamen und schnell das Establishment aufmischten. Im Umfeld des Vereins gibt es kritische Stimmen gegen eine erneute Installierung eines unerfahrenen Eigengewächses. Denn dies ging zuletzt mit Viktor Skripnik und nun mit Alexander Nouri trotz kurzfristiger Erfolge zwei Mal schief.
„Werder braucht einen erfahrenen Trainer. Weil es für den Verein um den Klassenerhalt geht. Ich halte unter anderem Bruno Labbadia für die jetzige Situation geeignet“, sagte Bremens Ehrenpräsident Klaus-Dieter Fischer. Auch die Namen von Favre, der mit dem französischen Erstligisten OGC Nizza zurzeit in der Krise steckt, und vom zurzeit vereinslosen Tuchel werden in Bremer Medien gehandelt.
Baumann hielt sich gestern alle Türen offen. Kohfeldt lobte er für dessen „klare Vorstellungen, welchen Fußball er spielen lassen möchte“. Er werde „so oder so eine große Zukunft als Trainer haben“. Dass Kohfeldt Abstiegskampf kann, bewies er in der vergangenen Saison, als ihm mit dem Bremer Profi-Nachwuchs der Last-Minute-Klassenerhalt gelang. Zudem war er als Co-Trainer dabei, als Skripnik im Jahr 2014/2015 in höchster Not den Ligaverbleib schaffte.
„Wir alle wissen nicht, was nächsten Montag ist. Das ist aber nicht schlimm.“
Florian Kohfeldt, Interimstrainer von Werder Bremen