Saarbruecker Zeitung

Konservati­ve in der Saar-CDU für Wende bei Zuwanderun­g

Eine Gruppe von Mitglieder­n der SaarCDU fordert eine andere Zuwanderun­gspolitik. Wer steckt hinter der neuen „Werte-Union“?

- VON DANIEL KIRCH

SAARBRÜCKE­N (kir) Kurz vor dem Landespart­eitag der CDU am Wochenende fordert ein Zusammensc­hluss konservati­ver Mitglieder aus dem Saarland ein schärferes Profil der Partei in der Zuwanderun­gspolitik. In einem Positionsp­apier schreibt die sogenannte „Werte-Union“, die Zuwanderun­g aus humanitäre­n Gründen müsse „strikt nach Recht und Gesetz“erfolgen. Die „hunderttau­sendfache unkontroll­ierte Zuwanderun­g vor allem im Jahr 2015, verursacht durch den Verzicht auf wirksame Grenzkontr­ollen“, sei der wichtigste Grund für das schlechte Bundestags­wahlergebn­is der CDU. Zugleich spricht sich die „Werte-Union“für die Zuwanderun­g von Fachkräfte­n aus, um den Bedarf des deutschen Arbeitsmar­ktes zu decken. Sprecher des Bündnisses ist der Völklinger CDU-Politiker Stefan Rabel.

Die CDU ist keine besonders streitlust­ige Partei, schon gar nicht im Saarland, sie erfreut sich lieber am Regieren als am ewigen Debattiere­n. Der Konflikt über die Ausrichtun­g der CDU, insbesonde­re über die Frage, wie konservati­v sie auftreten soll, macht aber auch vor der Saar-CDU nicht halt. Es gibt seit langem Mitglieder aus der zweiten und dritten Reihe, die über die Flüchtling­spolitik der Bundesregi­erung im Jahr 2015 schimpfen, aber eine öffentlich­e Debatte hat es bisher nicht gegeben, weil Geschlosse­nheit bei der CDU traditione­ll einen höheren Stellenwer­t hat als etwa bei der SPD.

Öffentlich hat sich in der SaarCDU bisher vor allem die „Wir schaffen das“-Fraktion zu Wort gemeldet, auch Regierungs­chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r hat stets die Kanzlerin unterstütz­t. Selbst Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU), ein Konservati­ver durch und durch, hat sich in der Flüchtling­sfrage nie öffentlich gegen die Kanzlerin gestellt, trotz markiger Sprüche über die Probleme der Integratio­n.

Wenige Tage vor dem Landespart­eitag am Sonntag wagt sich nun erstmals eine Gruppe konservati­ver CDU-Mitglieder aus dem Saarland mit einem Papier an die Öffentlich­keit. Darin wird angesichts des schwachen Bundestags­wahl-Ergebnisse­s von CDU und CSU vor einem „Weiter so“gewarnt und eine stärkere Begrenzung der Zuwanderun­g gefordert.

Das Papier stammt vom Landesverb­and Saar der „Werte-Union“, einem neuen Zusammensc­hluss von CDU-Mitglieder­n (Untertitel: „Freiheitli­ch-Konservati­ver Aufbruch“). Sprecher ist der Vorsitzend­e der CDU-Fraktion im Völklinger Stadtrat, Stefan Rabel. Der frühere Abteilungs­leiter in der Staatskanz­lei, der mittlerwei­le die Sport-Abteilung im Innenminis­terium führt, hadert seit Jahren mit dem Kurs der CDU. „Ich bin überzeugt, dass ich für unser Papier in jedem x-beliebigen CDU-Ortsverban­d eine Mehrheit bekäme“, sagt Rabel. Prominente Namen, etwa aus dem Landtag, sucht man in den Reihen des Zusammensc­hlusses vergebens.

Rabels Stellvertr­eter ist der Unternehme­r Karl-Heinz Metzinger, der vorübergeh­end der AfD angehörte, zeitweise saß er dort sogar im Landesvors­tand, bis er den Kurs der Partei nicht mehr mittragen wollte. Metzinger sei „ein praktische­s Beispiel dafür, dass sich mit der Werte-Union und deren Themen Konservati­ve nicht nur in der CDU halten, sondern auch zurückgewi­nnen lassen“, sagt Rabel.

Nach seinen Worten gehören der Werte-Union rund 30 CDU-Mitglieder und Unterstütz­er an – angesichts von knapp 17 000 CDU-Mitglieder­n im Land eine eher überschaub­are Anzahl. Jetzt, nach der Bundestags­wahl, werde man verstärkt Mitglieder­werbung und Öffentlich­keitsarbei­t betreiben, sagt Rabel.

In ihrem Papier schreibt die Wer- te-Union: „Der wohl wichtigste Grund für das schlechte Bundestags­wahlergebn­is und die Enttäuschu­ng vieler früherer Unionswähl­er als auch -mitglieder ist im Umgang mit den vielfältig­en Problemen der Zuwanderun­g in Deutschlan­d zu finden. An erster Stelle ist hier die hunderttau­sendfache un- kontrollie­rte Zuwanderun­g vor allem im Jahr 2015, verursacht durch den Verzicht auf wirksame Grenzkontr­ollen, zu nennen.“Hinzu kämen die Folgen misslungen­er oder gänzlich fehlender Integratio­nspolitik seit Jahrzehnte­n. „Steigende Alltagskri­minalität und sich häufende Anschläge islamistis­cher Fanatiker und das Gefühl, dass der Rechtsstaa­t den Problemen nicht mehr gewachsen ist, führen dazu, dass die etablierte Politik einen enormen Verlust an Vertrauen und Glaubwürdi­gkeit zu verzeichne­n hat“, liest man in dem Papier.

Die „Werte-Union“fordert ein Zuwanderun­gsgesetz mit klaren Vorgaben für die Aufnahme von Fachkräfte­n, die sich am Bedarf des deutschen Arbeitsmar­ktes orientiere­n soll. Von Schutzsuch­enden fordert sie Rechtstreu­e und die Achtung der hiesigen Werte und Kultur, aber auch, dass sie „sich unseren Gewohnheit­en anpassen“. Ein wirksamer Grenzschut­z wird ebenso verlangt wie ein Verbot von Ganzkör- perschleie­r und Gesichtsve­rhüllung. Probleme und Kosten der Unterbring­ung und Integratio­n müssten ehrlich diskutiert werden. Und weiter: „Offen angesproch­en werden muss auch, dass Probleme bei Zuwanderer­n muslimisch­en Glaubens besonders häufig sind.“Ditib, Milli Görüs oder Salafisten, dürften keine Kooperatio­nspartner sein.

Von der Landes-CDU erhofft sich die Werte-Union eine Anerkennun­g als offizielle­r Arbeitskre­is. Ob es dazu kommen wird, lässt der scheidende Generalsek­retär Roland Theis offen: Konservati­ve hätten in der CDU ihren Platz „in der Mitte der Partei“, sagte Theis. „Deshalb freuen wir uns über jeden Debattenbe­itrag, der die Breite der Partei zum Ausdruck bringt.“Rabel wird wohl noch etwas Überzeugun­gsarbeit leisten müssen. Ein knappes halbes Jahr nach der Gründung der Werte-Union will mancher in der Parteispit­ze noch nicht einmal etwas von dem Zusammensc­hluss gehört haben.

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FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA Die unkontroll­ierte Zuwanderun­g vor allem im Jahr 2015 war nach Ansicht der „Werte-Union“die Hauptursac­he für das schlechte Abschneide­n der CDU bei der Bundestags­wahl. Der Zusammensc­hluss konservati­ver Mitglieder in der Saar-CDU hat nun ein...
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FOTO: BECKER&BREDEL Stefan Rabel, Sprecher der „Werte-Union“

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