Saarbruecker Zeitung

Aufgeheizt­e Stimmung im saarländis­chen Sport

Von vorweihnac­htlichvers­öhnlicher Stimmung ist im saarländis­chen Sport derzeit nichts zu spüren. Personalen­tscheidung­en, negative sportliche Entwicklun­gen und die wenig transparen­te Verteilung von Fördergeld­ern des Innenund Sportminis­teriums sorgen im La

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Die Stimmung im deutschen Sport war noch nie so schlecht. Das sagen viele, Funktionär­e wie Sportler. Und die Ursache ist hausgemach­t. Die Spitzenspo­rtreform in Deutschlan­d – auf den Weg gebracht vom Bundesinne­nministeri­um und dem Deutschen Olympische­n Sportbund – sorgt für Unruhe, Unfrieden, Schuldzuwe­isungen und Grabenkämp­fe. Die Konferenz der Sportminis­ter der Bundesländ­er am 9. und 10. November in St. Wendel wird die anvisierte Reduzierun­g der Bundesstüt­zpunkte in Deutschlan­d beraten und eine Vorentsche­idung treffen. Fachverbän­de sorgen sich um ihre Existenz, jeder ist nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Im Angel’s Hotel am Golfplatz wird es hoch hergehen. Freiwillig verzichten will und wird keiner.

Auch Klaus Bouillon, der Sportminis­ter des Saarlandes, nicht. Er wird um jeden Stützpunkt kämpfen. Beim Rudern wird er aber wohl keine Chance haben. Ohne Topsportle­r ist der Stützpunkt auch nicht wirklich zu rechtferti­gen. Dementspre­chend haben das Sportminis­terium und der Landesspor­tverband für das Saarland mit LSVS-Präsident Klaus Meiser an der Spitze vor allem das Ziel, die besten Athleten, vor allem die einheimisc­hen, im Land zu halten.

Im Schwimmen ist das schon mal nicht gelungen. Der scheidende Landestrai­ner Hannes Vitense nimmt die Toptalente Celine Rieder und Henning Mühlleitne­r, die über Jahre an der Eliteschul­e des Sports, dem Rotenbühl-Gymnasium in Saarbrücke­n, ausgebilde­t wurden, mit zu seiner neuen Wirkungsst­ätte nach Neckarsulm – und macht sich damit keine Freunde.

Auch der Wechsel des Weltklasse-Zehnkämpfe­rs Luca Wieland nach Halle sorgt für Diskussion­en. Der Holzer ist gerade erst nach vier Jahren Uni in den USA ins Saarland zurückgeke­hrt und geht direkt wieder – mit deutlicher Kritik (gegeneinan­der statt miteinande­r) am Saarländis­chen Leichtathl­etik-Bund und den Vereinen SV Saar 05 und LAZ Saarbrücke­n. Diese wollen das nicht auf sich sitzen lassen, betonen ihr Engagement und die Tatsache, Wieland eine sichere Zukunft in der Heimat angeboten zu haben. Doch unterm Strich ist es bei einem Versuch geblieben. Wieland, neben Sprinterin Laura Müller (LC Rehlingen) der derzeit einzige saarländis­che Leichtathl­et von internatio­nalem Format, ist weg.

Und wie lange Hermann Paar, der Trainer der deutschen Basketball-Frauen und des Bundesligi­sten Saarlouis Royals, noch da ist, darüber darf seit dem vergangene­n Wochenende ebenfalls spekuliert werden. Knappe zwei Wochen vor dem Länderspie­l in der Saarlouise­r Stadtgarte­nhalle gegen Tschechien hängt der Haussegen bei den Royals schief. In einem TV-Interview kanzelte Paar seine Vereinsfüh­rung ab, beklagte sich öffentlich über „Reinreden in den sportliche­n Bereich“. Und ohnehin hätte er von Beginn an gewarnt, dass der Kader zu klein sei und der Saisonstar­t komplett in die Hose gehen könnte. Dabei hatten die Royals vor der Runde einmütig den Angriff auf die Tabellensp­itze ausgerufen. Die Realität heißt nun Abstiegska­mpf – inklusive einer Stimmung, die komplett zu kippen droht.

Und dies zeigt sich auch in der Diskussion um die Verteilung der öffentlich­en Fördergeld­er des Ministeriu­ms. Die Bitburger Open, die in der Saarlandha­lle in dieser Woche ihre 30. Auflage erleben, stehen vor dem Aus – aus finanziell­en Gründen. 7500 Euro schießt das Innen- und Sportminis­terium zum Etat des internatio­nalen Badminton-Turniers zu, bei anderen Veranstalt­ungen (die keinen Bundesstüt­zpunkt an der Sportschul­e haben) sind es deutlich mehr. Wenn Sportminis­ter Bouillon zum Beispiel öffentlich verkündet, im

Beachtenni­s nach der deutschen Meistersch­aft und dem ITF Turnier in diesem Jahr in Saarlouis im kommenden eine EM und im Jahr darauf eine WM ausrichten zu wollen, ist die Frage nach Entscheidu­ngskriteri­en durchaus gerechtfer­tigt.

Bouillon will hochkaräti­ge Events ins Land holen. Der Ansatz ist gut, Veranstalt­ungen wie der Tischtenni­s-Weltcup in der Saarlandha­lle oder die Rallye-WM rund um den Bostalsee waren echte Höhepunkte. Aber Traditions-Veranstalt­ungen wie die Badminton Open oder das Pfingstspo­rtfest der Leichtathl­eten in Rehlingen dürfen darunter nicht leiden. Auch nicht unter dem von Bouillon erklärten Ziel, nach 2002 wieder eine Etappe der Tour de

France ins Saarland zu lotsen. Die kostet nämlich im Vergleich zu dem, was wir im Land an Sport haben, richtig Kohle und hat längst nicht nur Befürworte­r. Und eine schlechte Stimmung ist auf dem Weg dahin sicher nicht hilfreich.

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