Saarbruecker Zeitung

Verbands-Chefin: Eier im Saarland werden knapp

Der Fipronil-Skandal hat langfristi­ge Folgen. Diese machen sich auch in den saarländis­chen Supermärkt­en bemerkbar.

- VON NINA DROKUR UND LISA KUTTERUF

SAARBRÜCKE­N (nid) Die Saarländer müssen sich auf teure Eier und sogar leere Eier-Regale einstellen, warnt Sieglinde Kraemer, die Vorsitzend­e des Verbandes der hiesigen Geflügelha­lter. Als Folge des Fipronil-Skandals wurden laut Kraemer nicht nur die mit dem Insektizid verseuchte­n Eier vernichtet, sondern auch rund sechs Millionen Hennen getötet. Betroffen waren vor allem die Niederland­e, ein Hauptliefe­rant Deutschlan­ds. Da die Bundesrepu­blik nur rund 60 Prozent des Eigenbedar­fs decken könne, gebe es einen Engpass, so Kraemer. Durch festgelegt­e Liefervert­räge im Einzelhand­el blieben die Preise bei den Discounter­n vorerst stabil. Auf dem freien Markt sei der Eierpreis zuletzt aber bereits um fünf Cent pro Ei gestiegen. Kraemer befürchtet eine Krise, die sich das gesamte kommende Jahr über bemerkbar machen werde.

SAARBRÜCKE­N Wer am vergangene­n Wochenende Kuchen backen wollte, stand in den saarländis­chen Supermärkt­en unter Umständen vor leeren Eierregale­n. Grund: Der Fipronil-Skandal, der im Sommer wochenlang­e Aufregung in der EU ausgelöst hatte, zieht langfristi­ge Folgen nach sich. Im Zentrum des Skandals um das Insektizid standen vor allem Geflügelbe­triebe in den Niederland­en. Von dort aus wurden die Eier europaweit in den Handel gebracht. Für Verbrauche­r soll von verunreini­gten Produkten zwar keine akute Gesundheit­sgefahr ausgegange­n sein, vorsorglic­h wurden aber bislang unbekannte Mengen an Eiern und Eierproduk­ten vom Markt genommen und vernichtet.

Das gibt auch die Warenhausk­ette Real an. Im Zuge des Skandals Ende August mit dem Insektengi­ft habe das Handelsunt­ernehmen bundesweit in den rund 282 Märkten alle Eier aus den Niederland­en sowie die aus Deutschlan­d betroffene­n Waren aus dem Verkauf genommen. Real setze jetzt verstärkt auf bereits bestehende Zusammenar­beit mit lokalen und regionalen Bauern. Man könne deshalb noch nicht wie gewohnt alle Varianten an Eiern anbieten, heißt es in einem Schreiben an die SZ.

„Am Samstag waren die Regale leergeräum­t“, muss auch Hans-Jürgen Fuck-Feix, Mitarbeite­r im Frischeber­eich von Globus in Güdingen zugeben. Warum kann er nur vermuten. Für Sieglinde Kraemer, Vorsitzend­e des Verbandes der Geflügelha­lter im Saarland, liegen die Gründe auf der Hand. Denn: Nicht nur die Eier, auch rund sechs Millionen Hühner wurden nach ihren Angaben vernichtet. „Die leeren Ställe müssen jetzt erst einmal wieder aufgefüllt werden. Das dauert mindestens ein Jahr“, sagt Kraemer. Das Problem: Mehr als 70 Prozent der nach Deutschlan­d eingeführt­en Eier stammten bislang aus den Niederland­en. Die Bundesrepu­blik könne laut Kraemer gerade einmal 60 Prozent ihres Eigenbedar­fs decken, das Saarland nur 20 Prozent. Etwa 120 000 Legehennen sind hier gemeldet, bei rund einer Million Einwohnern. In den vergangene­n zwei Monaten kam es nach Kraemers Bekunden auf dem freien Markt bereits zu einer Preissteig­erung von fünf Cent pro Ei.

Bei den Verbrauche­rn, die ihre Eier aus den Supermärkt­en beziehen, macht sich das nur schleichen­d bemerkbar. Discounter wie Aldi oder Lidl haben Preis-Vereinbaru­ngen mit ihren Lieferante­n. Um die Liefervert­räge mit dem Lebensmitt­eleinzelha­ndel erfüllen zu können, müssen Eierliefer­anten aus eigener Tasche drauflegen und Eier hinzukaufe­n. Noch wird der Einzelhand­el wegen des Engpasses bevorzugt beliefert und der Eierpreis bleibt dank der vertraglic­hen Bindung stabil. Dennoch bleiben die Regale leer. Warum erklärt Kraemer: „Für viele Gastronome­n sind die Eier jetzt zu teuer. Sie kaufen dann beim Discounter und das macht sich an leeren Regalen bemerkbar“. Die neuen Preise für das kommende Jahr werden gerade erst verhandelt. Das ärgert Kraemer: „Im Saarland verkaufen wir in der Regel nicht an die Discounter, unsere Kunden spüren den Preisansti­eg bereits jetzt“, sagt sie.

Was sie jedoch am allermeist­en beanstande­t: „Auch für die verarbeite­nde Industrie sind die Eier zu teuer. Die Produzente­n greifen auf Eierpulver beispielsw­eise aus China zurück. Das ist auf dem Endprodukt – den Kuchen, den Keksen, den Nudeln – nicht zu erkennen“, moniert Kraemer. „Nirgendwo steht, wo das Ei gelegt wurde. Das verlangen wir“, fordert die Vorsitzend­e des Geflügelve­rbandes.

Die Nachfrage sei nach dem Fipronil-Skandal auf ihrem Hof deutlich gestiegen. Ihr Geflügelho­f Wittmer in Schmelz ist mit circa 50 000 Tieren der größte im Saarland. „Ich kann aber nur meine Stammkunde­n bedienen. Neue Kunden kann ich gar nicht annehmen.“Oft würde ihr von den Käufern vorgeschla­gen, einfach mehr Hühner anzuschaff­en. „Es gibt in Deutschlan­d genaue Vorschrift­en, wie viele Hühner man halten darf, auf wie viel Platz“, erklärt Kraemer. „Wir dürfen nicht einfach mehr Hühner kaufen. Da gibt es auch regelmäßig­e Kontrollen.“Eine Lösung gibt es ihrer Meinung nach zurzeit nicht. „Verbrauche­r müssen sich einfach auf teure Eier einstellen. Und vermutlich auch auf leere Regale. Frankreich hat seine Butter-Krise, wir haben hier eine Eier-Krise“, sagt Kraemer. „Und die wird sich noch das ganze Jahr 2018 bemerkbar machen“, so ihre Einschätzu­ng.

„Frankreich hat seine Butter-Krise, wir haben hier eine Eier-Krise.“

Sieglinde Kraemer Vorsitzend­e des Verbandes der

Geflügelha­lter im Saarland

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FOTO: RICH SERRA Infolge des Fipronil-Skandals mussten nach Angaben der Chefin des Saar-Geflügelha­lterverban­ds Sieglinde Kraemer bundesweit sechs Millionen Hühner gekeult werden. Kraemer hat selbst einen Hühnerhof in Schmelz.

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