Saarbruecker Zeitung

„Flotte Dreier klappen niemals, wenn zwei gar nicht miteinande­r können“

- DIE FRAGEN STELLTE HAGEN STRAUSS

BERLIN Klaus Kocks ist PR-Berater und wegen seiner kontrovers­en Meinungen ein Dauergast in den deutschen Talkshows. Nach seiner Auffassung fehlt es bei den Jamaika-Sondierung­en von Union, FDP und Grünen vor allem an Vertraulic­hkeit. Alle müssten sich anders verhalten – auch die Kanzlerin.

Herr Kocks, richtig gut gelaufen sind die Jamaika-Sondierung­en bisher nicht. Was würden Sie den Beteiligte­n raten?

KOCKS Jede Partei sollte maximal zwei Leute entsenden. Zweitens macht man das wie bei der Papstwahl, man schmeißt den Schlüssel weg und erst, wenn man sich geeinigt hat, dürfen alle wieder raus. Die bisherige Abfolge von Großgruppe­ndiskussio­nen mit anschließe­ndem Balkoneven­t, als ob wir in Schloss Windsor wären, sind eine Inszenieru­ngsklamott­e. Aber keine Einigungsv­ersuche.

Bei einem Konklave gibt es irgendwann einen Papst, aber bei Jamaika-Gesprächen nicht zwangsläuf­ig ein Einvernehm­en.

KOCKS Richtig. Das Grundprobl­em bleibt. Union, FDP und Grüne möchten einen flotten Dreier haben. Aber nach meiner Lebenserfa­hrung funktionie­ren flotte Dreier niemals, wenn zwei der drei Partner gar nicht miteinande­r können. Also in dem Fall vor allem Grüne und FDP. Da hilft dann meist auch keine Verhandlun­gsdiplomat­ie.

Trotzdem stellt sich wieder die Frage: Was nun?

KOCKS Das vorab: Jamaika ist ein Land, eine Fahne. Aber für mich keine realpoliti­sche Konstellat­ion. Ein solches Bündnis wird nach meiner Überzeugun­g nicht lange funktionie­ren können. Insofern tauge ich auch kaum als Eheberater. Aber: Wenn es überhaupt klappen soll, muss es bereits bei den Sondierung­en vertraulic­h zugehen. Das ist das A und O. Aber Vertraulic­hkeit ist nicht gegeben.

Sie spielen auf die hohe Zahl der Verhandler an?

KOCKS Ja. Die Verhandlun­gsgruppen sind viel zu groß. Weshalb jeder plaudern kann, wie er will. Vor allem sind sie zum Teil durch Aufpasser besetzt. Bei den Grünen sitzt meiner Meinung nach Jürgen Trittin nur deshalb am Tisch, um zu verhindern, dass Cem Özdemir jemals Minister wird. Ähnliche Funktionen haben einige Protagonis­ten bei CDU und CSU. Es gibt ganze Bataillone der Einigungsv­erhinderer. Weil alle Angst haben, dass sie düpiert werden könnten.

Dann muss jetzt eben die Kanzlerin für Vertrauen und Kompromiss­e sorgen.

KOCKS Das müsste sie eigentlich. Doch die Kanzlerin will immer nur everybody‘s darling sein. Das Genie der Ungefähren wird jedoch seinen Idealchara­kter verlieren, wenn es den beteiligte­n Parteien entgegen meiner Erwartung tatsächlic­h gelingen sollte, eine Koalition zu schmieden. Merkels Rollenmode­ll wird in einem solchen Bündnis nicht mehr funktionie­ren. Und dann wird es richtig spannend werden.

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FOTO: ALEXANDER HEIMANN/CATO PR-Berater Klaus Kocks ist skeptisch, ob das Projekt Jamaika in Berlin gelingt.

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