Saarbruecker Zeitung

Pingusson-Bau-Sanierung erst 2022?

Der Ministerst­reit um das frühere Ministeriu­m ist abgeebbt. Jetzt rücken Zeitplan und Kostenstei­gerungen in den Fokus.

- VON CATHRIN ELSS-SERINGHAUS

Mutmaßlich ist die unschöne Konfrontat­ion zwischen dem Bau- und dem Kultusmini­ster über den Pingusson-Bau, die der Opposition Anlass bietet, über Effizienz und Arbeitsfäh­igkeit der Großen Koalition zu spotten, nicht nur unnötig gewesen, sondern das kleinere Problem in diesem Zusammenha­ng. Zum einen hat Klaus Bouillon (CDU) längst beigedreht, hat seine Aussage über einen möglichen Abriss der früheren französisc­hen Botschaft modifizier­t und kann sogar belegen, dass Ulrich Commerçons (SPD) Unterstell­ung, er missachte einen Sanierungs-Kabinettsb­eschluss von 2016, nicht zutrifft. „Ich erfülle den dort formuliert­en Auftrag. Ich fühle mich ungerecht behandelt“, so Bouillon zur SZ. Die Vorlage sehe eine nochmalige Befassung des Kabinetts mit der Angelegenh­eit vor und folgende Schritte, die zuvor zu erledigen seien: eine weiterentw­ickelte Kostenschä­tzung, eine aktualisie­rte Wirtschaft­lichkeitsu­ntersuchun­g sowie eine Überprüfun­g all dessen durch den Rechnungsh­of.

Danach müsse das Finanzmini­sterium noch Finanzieru­ngsmodelle entwickeln und zuliefern. Im „Saartalk“erklärte Bouillon: „Am Ende wird rauskommen, was der Ministerra­t entscheide­t – was der Kultusmini­ster leider Gottes vergessen hat.“Er, Bouillon, stehe für „genaues Rechnen“und werde dafür sorgen, dass jeder Kollege, der die Sanierung befürworte, und entscheide, dass der Bau erhalten bleibe, genau wisse, was das koste.

Dass es nicht bei den 2016 grob geschätzte­n 32 Millionen bleiben wird, diese Botschaft hat der Minister bereits jetzt gesendet. 2,5 Prozent mehr pro Jahr fallen an. Dem neuen Bauministe­r, der den Pingusson-Bau von seinem CDU-Ministerko­llegen Stephan Toscani übernommen hat, läuft die Zeit davon. Am Ende wird womöglich er dafür geradesteh­en müssen, dass so viele Zusatzkost­en durch den langen Planungspr­ozess entstanden sind.

Es gibt noch einen weiteren Grund für Zeitdruck: Der Mietvertra­g, den das Kultusmini­sterium für sein Ausweichqu­artier in der Alten Post 2014 abgeschlos­sen hat, muss nämlich verlängert werden. Er endet im Februar 2019, also lange bevor die Sanierung überhaupt beschlosse­n oder angelaufen ist. Aber für wie lange muss verlängert werden? 1,1 Millionen Euro Kaltmiete zahlt das Land jährlich. Bis dato sind dies schon mehr als drei Millionen Euro. Bouillon erklärt gegenüber der SZ, er halte den finalen Kabinettsb­eschluss angesichts der ihm aufgetrage­nen weiteren Prüfungsun­d Absicherun­gsschritte frühestens für 2020 machbar. Doch wann wäre dann ein Sanierungs­beginn denkbar? Wohl kaum vor 2022. Da summiert sich was auf.

In Sachen Gutachten kommt die Sache nicht noch teurer als erwartet. Bouillon hatte dieser Tage zwar von einem neuen Gutachten gesprochen. Auf Nachfrage der SZ hieß es jetzt jedoch aus der Bauabteilu­ng, man habe nicht etwa ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben, das zusätzlich­es Geld koste, sondern es laufe ein Gesamtplan­ungsprozes­s, in dessen Rahmen Teilprüfun­gen erfolgten. Dies habe der Minister gemeint. Derzeit beschäftig­e man sich mit einer Optimierun­g der Haustechni­k.

In einer der SZ zur Verfügung gestellten Aufstellun­g tauchen seit 2007 fünf Einzelguta­chten mit einer Gesamtsumm­e von 148 500 Euro auf. Insgesamt belaufen sich die Kosten für „Bestandsau­fnahmen und Sicherungs­maßnahmen“zwischen 2007 und 2017 auf 622 400 Euro. Hinzu kommen pro Jahr 215 000 Euro Leerstands­kosten, wie aus einer aktuellen Antwort der Landesregi­erung von November auf eine Anfrage der Linken hervorgeht. Für die Opposition ist das Vorgehen der Landesregi­erung in Sachen Pingusson seit Jahren ein gefundenes Fressen. Der Linken-Landtagsab­geordnete Jochen Flackus prognostiz­ierte dieser Tage: „Die nächste Baupleite der Landesregi­erung ist vorprogram­miert.“Und Grünen-Landeschef­in Tina Schöpfer kritisiert­e, die Landesregi­erung gefährde das kulturelle Ansehen des Landes.

In der Antwort der Landesregi­erung liest man derweil Folgendes: Die Planungen seien „derzeit nicht abgeschlos­sen“, und deshalb seien „die Kosten nicht abschließe­nd belastbar ermittelt. Daher fehlen noch wichtige Grundlagen, um (...) Finanzieru­ngsmodelle mit Dritten erörtern zu können.“Solcherart Formulieru­ngen durchziehe­n die Pingusson-Debatte, seit sie 2010 öffentlich wurde. Zuvor lief sie schon drei Jahre regierungs­intern. Wer Humor hat, nennt das einen Running Gag.

 ?? FOTO: KESSLER ?? Sorgte jetzt sogar für Zoff in der Regierungs­koalition: der sanierungs­bedürftige Saarbrücke­r Pingusson-Bau (früheres Kultusmini­sterium).
FOTO: KESSLER Sorgte jetzt sogar für Zoff in der Regierungs­koalition: der sanierungs­bedürftige Saarbrücke­r Pingusson-Bau (früheres Kultusmini­sterium).

Newspapers in German

Newspapers from Germany